Es ist ein neuer Rekord für Angela Merkel, auch wenn sie Erfahrung mit langen Sitzungen hat: Jeweils rund 17 Stunden verhandelte die Kanzlerin im Jahr 2015 über die Waffenruhe in der Ostukraine und das dritte Hilfspaket für Griechenland. Die Sondierungsrunde für eine neu große Koalition hat nun mehr als 24 Stunden gedauert.
Ein erster Erfolg: Alle Teilnehmer bewahren - anders als bei den Jamaika-Sondierungen - striktes Stillschweigen. Zumindest fast. Über das Buffet dringen einige Details nach außen. Dort wird Currywurst serviert. Der geschäftsführende Finanzminister Peter Altmaier (CDU) verkündet, dass ihm dieses typisch sozialdemokratisches Mahl mit der Zeit immer besser schmecke.
Balkonbilder wie bei den Jamaika-Sondierungen sollte es dieses Mal auch nicht geben. Daher gingen die Politiker immer mal wieder spazieren, so zum Beispiel Ursula von der Leyen (CDU), Dorothee Bär (CSU) und Julia Klöckner (CDU) am Donnerstagnachmittag.
Es ist kurz nach zwei Uhr nachts, als CDU-Sprecher Jochen Blind aus der Tür des Willy-Brandt-Hauses tritt. "Wollte nur mal schauen, ob noch alle da sind. Um acht Uhr soll es schneien, bis dahin wollen wir hier raus sein" , verspricht er den Journalisten vom Bayerischen Rundfunk, die vor der Tür warten. Eine doppelte Fehlprognose - es dauert am Ende länger, schneit aber auch nicht.
Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), die am Donnerstag bei einem Autounfall leicht verletzt wurde, twittert bereits tagsüber aus dem Krankenhaus.
Die Verhandlungen ziehen sich hin, die Journalisten stehen weiter draußen und warten. "Will mal kurz mit dem Hund gehen", sagt Michael Groschek, Vorsitzender der SPD in NRW. Er hat gar keinen Hund dabei.
Andere spielen in den Pausen Karten. So sollen Innenminister Thomas de Maizière (CDU), Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) und SPD-Vize Ralf Stegner beim Skat gesehen worden sein. Wer gewonnen hat, ist nicht bekannt.
Alles eine Frage der Integration: Ralf Stegner (links), Volker Bouffier (Mitte) und Thomas de Maizière im Willy-Brandt-Haus.
(Foto: Kay Nietfeld/dpa)Politik und Medien sind lange wach - und das Verbrechen schläft bekanntlich sowieso nie. Irgendwann in dieser langen Nacht werden direkt gegenüber dem Willy-Brandt-Haus mehrere Autoscheiben eingeschlagen. Einem Fotografen wird die Ausrüstung aus dem Wagen gestohlen. Und das, obwohl die ganze Zeit über zahlreiche Journalisten und Polizisten in der Nähe sind.