Sondergipfel zur Kaukasus-Krise:Europäische Reife

Die Einigkeit der Europäer ist gemeinhin nicht die stabilste. Auf dem Sondergipfel zur Kaukasus-Krise zeigt die Europäische Union jedoch außenpolitische Reife.

Martin Winter

Die Einigkeit der Europäer ist gemeinhin nicht die stabilste. Aber angesichts des Eskalationspotentials, das in der Krise um Georgien steckt, haben sie sich zusammengerissen. Anstatt dem Impuls nachzugeben, Russland abzustrafen, zeigt die Europäische Union außenpolitische Reife.

Sie lässt Moskau nicht im Zweifel, was sie von seiner Machtdemonstration im Kaukasus hält und dass es mit seiner Anerkennung der abtrünnigen georgischen Provinzen nicht durchkommt. Zugleich aber halten die Europäer Russland die Tür zu Gesprächen offen.

Warum sich dieser von Paris und Berlin verfochtenen Linie auch die osteuropäischen Mitgliedstaaten anschlossen, brachte der tschechische Außenminister Karel Schwarzenberg lakonisch auf den Punkt: Sanktionen gegen Russland seien nichts anderes als "Selbstbefriedigung". Nun reist der französische Staatschef und gegenwärtige EU-Präsident Nicolas Sarkozy zum überraschend angesetzten Gipfeltreffen mit der russischen Führung. Im Gepäck hat er einen Beschluss, hinter dem die ganze EU steht.

Das ist mehr, als man noch vor Tagen erwarten konnte. Und dass Moskau den Vorschlag Sarkozys zu diesem Gipfel ohne Zögern aufgriff, zeigt, dass die russische Führung Gesprächs- und vielleicht sogar Verständigungsbedarf hat. Einen Fortschritt bei der Deeskalation wird es freilich erst dann geben, wenn Moskau seine Verpflichtungen einhält. Unter hohem politischen Risiko hatte Sarkozy den Waffenstillstandsplan ausgehandelt.

Nun wird er versuchen, die Russen zum Abzug aus jenen Gebieten zu bewegen, in denen sie nichts zu suchen haben. Erst eine erfolgreiche Mission wäre der Beweis dafür, dass europäische Einigkeit zu konkreten Resultaten führt.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: