Solidarnost:Kümmerliches Dasein

Solidarnost - Russlands liberale Demokraten haben sich einen großen Namen gegeben, aber die Durchschlagskraft ihres polnischen Vorbildes werden sie nicht erreichen.

Frank Nienhuysen

Von einer Massenbewegung sind sie so weit entfernt wie Moskaus Glaspaläste von der sibirischen Taiga. Bei einer Wahl würden Garri Kasparow, Boris Nemzow und ihre Verbündeten wohl nur einstellige Prozentpunkte erreichen, dabei haben sie ja recht. Russland leidet unter der größten Wirtschaftskrise seit zehn Jahren. Das Land braucht eine echte demokratische Bewegung, mehr Pluralismus, mehr Konkurrenz im Parlament. Erschreckend war es, dass ein so gravierendes Gesetz wie die Verlängerung der Amtszeit des Präsidenten um zwei Jahre ohne Debatte einfach durch die Gremien rauschen konnte.

In Russland geht alle Macht vom Kreml aus, dies ist das Schlüsselproblem der Demokraten. In den von der Regierung dominierten Fernsehsendern wird stets ein samtroter Teppich ausgelegt, über den Präsident Dmitrij Medwedjew und Premier Wladimir Putin mit ihren Botschaften gehen. Zur Gründungsversammlung von Solidarnost in einem Moskauer Vorort werden derweil Jugendaktivisten mit spöttischen Flugblatt-Texten geschickt.

Das sind die kleinen Kämpfe, die Russlands Demokraten bestehen müssen, zumal sie mitschuldig sind an ihrem kümmerlichen Dasein. Die junge Geschichte der liberalen Opposition ist eine enge Folge von losen Bündnissen und schnellen Brüchen. "Komitee 2008", "Partei rechter Kräfte", "Das andere Russland", "Volksdemokratische Union": Wer das Volk verwirrt, kann keinen dauerhaften Sog erzeugen. Nun also Solidarnost. Wenigstens der Name klingt nach Neubeginn.

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