Slowenien:Ein Volk - konservativer als seine Politiker

Das Nein zur Homo-Ehe ist kein Hinweis darauf, dass in Slowenien die Uhren rückwärts gehen. Das Gesetz ging nur vielen Bürgern zu weit.

Kommentar von Cathrin Kahlweit

Slowenien galt lange als eines der liberalsten Länder in Südosteuropa, Homosexualität fällt dort seit 40 Jahren nicht mehr unter das Strafrecht. Der aktuelle Lackmustest für die Liberalität ist, wenn man so will, die relative Offenheit für Flüchtlinge; anders als andere osteuropäische Staaten hat sich Ljubljana dem Veto gegen die europäische Flüchtlingspolitik nicht angeschlossen. Und so ist das Ergebnis des Referendums in Slowenien, bei dem sich eine Mehrheit gegen die Homo-Ehe ausgesprochen und damit ein liberales Gesetz vom Frühjahr gekippt hat, auch kein Hinweis darauf, dass in dem kleinen Land die Uhren grundsätzlich rückwärts gehen.

Das von allen Parteien unterstützte Gesetz, in der die Ehe als "Verbindung von zwei Personen" definiert wurde, ging allerdings vielen Slowenen zu weit, zumal es auch ein Adoptionsrecht eingeschlossen hätte. Das Referendum zeigte nun, dass die Bevölkerung in diesem Punkt konservativer ist als ihre Politiker. Das unterscheidet Slowenien, so bedauerlich das in diesem Fall auch ist, nicht von zahlreichen anderen europäischen Staaten.

Volksabstimmungen sind in dem südosteuropäischen Land aufgrund ihres niedrigen Quorums ein immer wieder gern genutztes Mittel, um Regierungspolitik zu beeinflussen; darüber sind schon Regierungen gestürzt. Anhänger der Basisdemokratie mögen das Nein zur Homo-Ehe nicht mögen - aber das ist ihr Preis.

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