Slowakei:Rücktritt prompt angenommen

Regierungschef Robert Fico geht wegen der politischen Krise nach dem Mord an einem kritischen Journalisten. Seine sozialdemokratische Partei darf aber auch den neuen Ministerpräsidenten in Bratislava stellen.

Der Rücktritt des slowakischen Regierungschefs Robert Fico ist besiegelt: Staatspräsident Andrej Kiska nahm am Donnerstag Ficos Rücktrittsgesuch an. Der bisherige Ministerpräsident hatte am Mittwochabend seine Demission angeboten, nachdem er im Zusammenhang mit dem Mord an dem Journalisten Ján Kuciak unter Druck geraten war. Am kommenden Montag hätte sich die Koalition einem Vertrauensvotum im Parlament stellen müssen. Präsident Kiska sei außerdem einverstanden, dass Ficos sozialdemokratische Regierungspartei Smer-SD einen Nachfolger ernenne, sagte der Parteichef des Koalitionspartners Most-Híd, Bela Bugar, am Donnerstag. Dies war eine Bedingung Ficos für seinen Rücktritt, um die bisherige Dreikoalition an der Regierung zu halten. Bugar kündigte zudem eine Erneuerung des Kabinetts an, ein Drittel der Regierungsmitglieder werde ausgetauscht, sagte der Vorsitzende der Mitte-rechts-Partei Most-Híd.

Seine Partei hatte in der politischen Krise um den Journalistenmord gedroht, die Koalition aufzukündigen und Neuwahlen gefordert. Ministerpräsident Fico lehnte Neuwahlen aber ab, und offenbar um sie zu verhindern, reichte er seinen Rücktritt ein. Bereits am Montag war Ficos Stellvertreter, Innenminister Robert Kaliňák, zurückgetreten. Er ist in eine Korruptionsaffäre verstrickt und stand in der Kritik, weil er in den Augen vieler zu wenig Interesse zeigte an der Aufklärung des Doppelmords an dem investigativen Journalisten Kuciak und seiner Freundin Martina Kušnírová.

Im Zentrum der Recherchen standen Verbindungen zwischen Mafia und Regierungskreisen

Die beiden waren in Kuciaks Haus am 25. Februar erschossen worden. Der Journalist hatte Berichte über korrupte Machenschaften in der Slowakei veröffentlicht. Slowakischen Medienberichten zufolge berichtete Kuciak auch über mutmaßliche Verfehlungen von Unternehmern, die Ficos sozialdemokratischer Smer nahestehen sollen. Seine letzten Recherchen befassten sich mit mutmaßlichen Verbindungen der slowakischen Regierungspartei zur italienischen Mafia. Nach Einschätzung der Polizei hängt Kuciaks Tod "höchstwahrscheinlich" mit seinen Recherchen zusammen.

Der Fall hatte in der Slowakei vergangene Woche Zehntausende Menschen zu Protestmärschen gegen die verbreiteten korrupten Machenschaften veranlasst. Der Mord an dem Journalisten löste auch im Ausland Entsetzen aus. Er hatte bereits im vergangenen Jahr Drohungen erhalten und sich deshalb an die Polizei gewandt.

Präsident Kiska hatte baldige Neuwahlen gefordert oder eine umfassende Umbildung des Kabinetts. Laut slowakischen Medien soll der stellvertretende Ministerpräsident Peter Pellegrini von der Smer-SD dem als EU-freundlich geltenden Fico als Regierungschef folgen. Grigorij Mesežnikov, Direktor des "Bratislava Institute for Public Affairs", sagte der Agentur Bloomberg, auch eine neue Regierung könne instabil sein. Die Mehrheit sei dünn, die Koalition könne bereits an kleinen Streitfragen scheitern. Neuwahlen sind ab Juni möglich.

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