Slowakei:Investigativjournalist getötet

Die Polizei geht von einem Auftragsmord an dem jungen Reporter aus. Ján Kuciak und seine Verlobte wurden nahe Bratislava erschossen.

Von Viktoria Großmann

Slowakei: Der 27-jährige Ján Kuciak und seine Verlobte wurden erschossen.

Der 27-jährige Ján Kuciak und seine Verlobte wurden erschossen.

(Foto: Facebook)

Mit jeweils einem Schuss wurden am Wochenende der slowakische Investigativjournalist Ján Kuciak und seine Verlobte in dem kleinen Ort Veľká Mača nahe Bratislava getötet. Der 27-Jährige arbeitete für das zur Ringier Axel Springer Gruppe gehörende Online-Nachrichtenportal Aktuality.sk. Zuletzt recherchierte er über Steuerbetrug unter Unternehmern, die der dominierenden sozialdemokratischen Partei Smer-SD nahestehen. Gründer und Vorsitzender der Smer-SD ist der slowakische Ministerpräsident Robert Fico. Fico sprach am Montag von einem Anschlag auf die Pressefreiheit und Demokratie. Innenminister Robert Kaliňák, ebenfalls Smer-Mitglied, sagte alle seine Termine ab und versprach, er werde alles tun, um das Verbrechen aufzuklären.

Die Polizei fand die beiden Opfer am späten Sonntagabend im Haus Kuciaks. Wie der slowakische Polizeipräsident Tibor Gašpar am Montagvormittag mitteilte, handelt es sich um die Tat von Profis. Die Spuren deuteten auf einen Auftragsmord aus dem Mafiamilieu hin. Ein solcher Fall sei bislang einzigartig. Die Tageszeitung Denník N verweist auf zwei Fälle bis heute spurlos verschwundener Journalisten. Die Ermittler gehen davon aus, dass Kuciaks Recherchen das Mordmotiv sind und stellten mehrere Kollegen Kuciaks unter Polizeischutz. Kuciaks letzter Artikel erschien am 9. Februar. Er befasste sich mit dem Unternehmer Marián Kočner. Hinter Kočners Geschäften wird erheblicher Steuerbetrug vermutet. Laut slowakischen Medien erhielt Kuciak Drohungen von Kočner. Kuciak habe ihn angezeigt, jedoch von der Polizei keine Hilfe erhalten.

Marián Kočner soll auch in die Geschäfte des Bauunternehmers Ladislav Bašternák verwickelt sein, über die Kuciak ebenfalls berichtete. Bašternáks bekanntestes Objekt ist wohl der Wohnkomplex Bonaparte in einem Villenviertel von Bratislava, in dem nicht zuletzt Ministerpräsident Robert Fico eine Wohnung gemietet hat. Wie im vergangenen Jahr bekannt wurde, soll Innenminister Kaliňák über eine frühere Firma, die ihm gehörte, mit Bašternák Geschäfte gemacht haben, zudem wird ihm Bestechlichkeit vorgeworfen. Die Opposition forderte mehrmals den Rücktritt Kaliňáks. Kočner soll auf ähnliche Weise wie Bašternák den Staat um mehrere Millionen Euro betrogen haben.

Reporter ohne Grenzen bezeichnete die Lage in der Slowakei als "zufriedenstellend", das Land steht auf Platz 17, direkt hinter Deutschland. Doch slowakische Journalisten beklagen politische Einflussnahme auf die Medien. Am Nachmittag lobte die Regierung eine Belohnung von bis zu einer Million Euro für Hinweise auf die Täter aus.

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