Finanzskandal:Afghanistans Zentralbankchef flieht aus Kabul

Flucht oder Rücktritt? Afghanistans Zentralbankchef hat sich nach Amerika abgesetzt und sein Amt über die Medien gekündigt. Er spricht von Todesdrohungen gegen ihn - die Regierung kontert mit Anschuldigungen gegen den Banker.

Nach seiner Flucht in die USA drohen Afghanistans Zentralbankchef Abdul Kadir Fitrat strafrechtliche Konsequenzen in seiner Heimat. "Er ist aus dem Land geflohen und wird strafrechtlich verfolgt werden", sagte ein Sprecher des afghanischen Präsidenten Präsident Hamid Karsai am Dienstag in Kabul.

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Abdul Kadir Fitrat, Afghanistans Zentralbankchef, auf einem Archivbild vom April - jetzt ist er in die USA gereist und hat dort seinen Rücktritt erklärt.

(Foto: dpa)

Fitrat hatte sich am Montag in die USA abgesetzt und dort seinen Rücktritt erklärt. Nach seinen Ermittlungen zu den Korruptionsvorwürfen bei der privaten Kabul Bank sei in Afghanistan sein Leben in Gefahr gewesen, sagte Fitrat der BBC. Karsais Sprecher bestritt dies und sprach von einer "Flucht, keinem Rücktritt".

Hintergrund der Ermittlungen Fitrats ist die Beinahe-Pleite der privaten Kabul Bank. Die afghanische Zentralbank musste dem Kreditinstitut, das zum Teil dem Bruder des Staatschefs, Mahmud Karsai, gehört, 2010 mit Krediten unter die Arme greifen. Die größte Privatbank Afghanistans verwaltet die Gehaltskonten der meisten Regierungsangestellten. Anteilseignern, darunter Mahmud Karsai, wird vorgeworfen, sich Kredite bei der Bank verschafft zu haben, ohne Sicherheiten zu hinterlegen, beziehungsweise sollen sie sogar Mittel veruntreut haben.

Als der Immobilienmarkt in Dubai zusammenbrach, drohte der Bank die Zahlungsunfähigkeit. Kunden versuchten daraufhin verzweifelt, ihre Konten leerzuräumen. Die veruntreuten Summen sollen sich auf etwa 630 Millionen Euro belaufen.

Fitrat hält sich für den Sündenbock

Karsais Sprecher warf Fitrat vor, in den größten Finanzskandal des Landes rund um die Kabul Bank involviert zu sein. Der Zentralbankchef solle wegen Untreue und Verschleierung bei der Aufklärung juristisch belangt werden. Fitrat selbst hatte in Telefoninterviews mit afghanischen Radiosendern dagegen gesagt, seine Versuche zur Aufklärung des Skandals seien von der Politik behindert und er selber unter Druck gesetzt worden. Die Regierung mache ihn zum Sündenbock.

Karsai hat eine Kommission eingesetzt, die den Skandal um die Kabul-Bank untersuchen soll. Bislang wurde niemand zur Rechenschaft gezogen. Karsais Regierung, die sich regelmäßig Korruptionsvorwürfen ausgesetzt sieht, geriet wegen des Skandals international in die Kritik. Der Internationale Währungsfonds hält unter anderem wegen der Vorgänge rund um die Kabul-Bank Finanzhilfen von mehreren hundert Millionen Dollar zurück.

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