Skandal auf der "Gorch Fock":Flecken auf der polierten Oberfläche

Für keinen Politiker ist es leicht, den Riesenapparat Bundeswehr zu kontrollieren, auch für Kabinettsstar Guttenberg nicht. Die jüngsten Vorfälle bei Truppe und Marine zeigen: Der Verteidigungsminister muss das Parlament besser informieren - vor allem, wenn er kommende Großprojekte überstehen will.

Peter Blechschmidt

Wenn Karl-Theodor zu Guttenberg auf seine hohen Popularitätswerte angesprochen wird, gibt er sich stets bescheiden. Die könne er sich auch nicht erklären, pflegt der Verteidigungsminister zu sagen, um dann darauf zu verweisen, wie rapide man aus solch lichten Höhen abstürzen kann. So weit ist es angesichts der jüngsten Vorkommnisse in der Bundeswehr noch lange nicht. Doch ein paar unvorteilhafte Fleckenränder könnten auf der polierten Oberfläche des Kabinettstars sehr wohl bleiben.

CDU-Wahlkampf in Hamburg

Abgestürzt ist Verteidigungsminister Guttenberg seit Bekanntwerden der Vorfälle auf der "Gorch Fock" in den Umfragewerten noch nicht, doch die Affäre könnte Spuren auf dem spiegelglatten Image des Ministers hinterlassen.

(Foto: dpa)

Es geht nicht darum, ob Matrosen auf dem Segelschulschiff Gorch Fock Meuterei unterstellt wurde. Es geht auch nicht darum, unter welchen Umständen genau ein Soldat in Afghanistan durch den Schuss aus der Pistole eines Kameraden ums Leben gekommen ist. Beides sind Vorfälle, die aufgeklärt werden und gegebenenfalls Konsequenzen haben müssen.

Es geht darum, wie der Minister mit Missständen in seinem Verantwortungsbereich umgeht. Hat er sein Haus im Griff? Tut er alles Nötige, um die Vorgänge aufzuklären? Lässt er beschönigen oder gar vertuschen? Und vor allem: Hat er das Parlament richtig informiert?

Was die Regierbarkeit des Apparats angeht, so muss man jedem Minister zugestehen, dass ein Monstrum von derzeit noch 350.000 Soldaten und Zivilisten im Einzelnen nicht zu kontrollieren ist. Umso wichtiger ist es, dass der Ressortchef für funktionierende Strukturen und eine ausreichende Sensibilität sorgt, damit die relevanten Informationen auch auf seinem Schreibtisch landen - und zwar rechtzeitig.

Meuterei auf dem Vorzeigeschiff?

Von den Vorgängen auf der Gorch Fock will Guttenberg erst in dieser Woche erfahren haben. Wenn aber auf dem Aushängeschild der Marine Offiziersanwärtern Meuterei vorgeworfen wird, dann hätte den Verantwortlichen klar sein müssen, dass ihr Minister darüber zu informieren ist - zumal dann, wenn dies im Zusammenhang mit dem Tod einer Soldatin steht und im Verteidigungsausschuss des Bundestags schon einmal nach dem Vorfall gefragt wurde.

Wundern darf man sich auch, dass der Minister sich den Untersuchungsbericht der Feldjäger über den Tod des Soldaten in Afghanistan erst kommen ließ, als bekannt wurde, dass die Umstände des Falles dubios sind. Immerhin hatte der Tod des Soldaten den Besuch Guttenbergs und der Kanzlerin in Afghanistan vor Weihnachten überschattet. Man erinnert sich, dass Guttenberg kurz nach seinem Amtsantritt schnell bei der Hand war, einen Staatssekretär und einen Generalinspekteur wegen eines angeblich vorenthaltenen Feldjägerberichts zu feuern.

Die Unterrichtung des Parlaments war unvollständig und teilweise irreführend. Die Abgeordneten haben sich darüber zu Recht erregt. Es ist ja nicht das erste Mal, dass sie sich von Guttenberg schlecht informiert fühlen. Hier muss der Minister besser werden, vor allem wenn er die echten Herausforderungen der nächsten Monate, die Wehrreform und ihre Finanzierung, bestehen will.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: