Simbabwe unter Mugabe:Ein Jahr des Leidens und des Terrors

Simbabwes greiser Diktator Robert Mugabe klammert sich an die Macht und reißt das Land mit sich in den Abgrund.

Arne Perras, Kampala

Aus der Sicht des alten Diktators war es vermutlich kein schlechtes Jahr. Zwar hat er im Frühjahr die Wahlen verloren und die Wirtschaft Simbabwes immer weiter zugrunde gerichtet - doch sein oberstes Ziel konnte er durchsetzen: Robert Mugabe, 84, ist alleiniger Herrscher über das Land geblieben. "Simbabwe ist mein", sagt er. Und wie man ihn kennt, wird er das Reich, das er seit 28 Jahren beherrscht, kaum freiwillig aufgeben. So kommt es, dass 2008 für Simbabwe endet, wie es angefangen hat: als Jahr des Leidens und des Terrors mit wenig Aussichten auf Linderung.

Simbabwe unter Mugabe: Robert Mugabe: Simbabwe ist mein

Robert Mugabe: Simbabwe ist mein

(Foto: Foto: AP)

Staaten des Westens haben inzwischen offen zum Sturz Mugabes aufgerufen. Doch wie der simbabwische Oppositionspolitiker und Rechtsexperte David Coltart an Weihnachten erklärte, "besteht wenig Aussicht darauf, dass der Rhetorik auch Taten folgen werden". Dem Westen sei nicht zu einer militärischen Intervention in Simbabwe zu bewegen. "Und viele von uns, die gegen Mugabe sind, würden eine solche Politik auch nicht unterstützen", sagt Coltart.

Aber was soll stattdessen geschehen? Das Abkommen zur Machtteilung, das Mugabe und die Opposition nach der Wahl vom Frühling zwischenzeitlich ausgehandelt hatten, ist wohl kaum noch zu retten. Regimegegner im Land werden weiter unterdrückt, Menschrechtler und Gewerkschafter sind in den vergangenen Wochen entführt worden, der Verdacht fällt auf Sicherheitskräfte des Regimes. Oppositionsführer Morgan Tsvangirai spricht von mehr als 40 Anhängern, die verschwunden seien. Wenn diese Entführungen nicht aufhörten, sagt er, werde er alle Kontakte zu Mugabes Partei Zanu-PF abbrechen.

Der Westen hält sich heraus

Der Diktator trickst, droht und taktiert. Es sieht so aus, als wolle er den Ausstieg der Opposition aus dem Abkommen erzwingen oder sie zum machtlosen Juniorpartner degradieren. Die USA haben inzwischen erklärt, dass sie keine Hoffnung mehr in das Abkommen setzen, weil Mugabe das Prinzip der Machtteilung verraten habe. Die USA und Großbritannien bedrängen die Nachbarländer Simbabwes, sie sollten Mugabe stärker isolieren. Doch ob das Wirkung zeigen wird, ist nicht abzusehen.

Manche Nachbarn müssen nicht überzeugt werden: Botswana etwa stemmt sich schon seit längerem gegen Mugabe, es bietet Oppositionsführer Tsvangirai Asyl an. Südafrika wiederum verfolgt seit Jahren einen Kurs, der die Herrschaft des Diktators festigt und den demokratischen Prozess untergräbt. Daran hat auch der Rücktritt des früheren Präsidenten und Mugabe-Freundes Thabo Mbeki nichts geändert. Sein Nachfolger, Interimspräsident Kgalema Mothlante, erklärte jüngst, Südafrika habe kein Recht, Mugabes Rücktritt zu verlangen.

Ein Volksaufstand in Simbabwe gilt als unwahrscheinlich, schon allein deshalb, weil die meisten Gegner Mugabes, welche die Kraft zur Rebellion aufbringen könnten, längst aus dem Land geflohen sind. Fast jeder Dritte Simbabwer lebt inzwischen im Ausland; und würden diese Menschen nicht jeden Monat Millionen Dollar an ihre Verwandten in der Heimat schicken, könnten die gar nicht überleben.

Die Versorgung im Land wird immer schlechter: Gerade erst wurde bekannt, dass Simbabwe im Zusammenhang mit seinen umstrittenen Landreformen 140 weiße Farmer vor Gericht stellen will. Sie sollen angeklagt werden, weil sie ihre Höfe ungeachtet einer Ende September abgelaufenen Frist nicht geräumt hätten. Mindstens 4000 Grundstücke hat das Regime bereits beschlagnahmt; der Westen wirft Mugabe deshalb vor, sein Land durch Enteignungen in den Ruin getrieben zu haben.

Jetzt hat die Ausbreitung der Cholera gezeigt, dass auch das Gesundheitssystem völlig am Boden liegt. Mehr als 1100 Menschen sind bereits gestorben. Christian Kratzer von "Ärzte ohne Grenzen" (MSF) befürchtet, dass die Zahl der Cholera-Fälle im Januar noch einmal ansteigen könnte und dass niemand genau wisse, wie viele Menschen tatsächlich erkrankt seien. Denn nur diejenigen, die es in eine Klinik oder eine Gesundheitsstation schaffen, werden registriert. MSF hat mit gewaltigem Einsatz inzwischen 70 Prozent der offiziell gemeldeten Fälle in Simbabwe behandelt, das sind ungefähr 15 000 Patienten.

Symptom Cholera

Die Cholera ist symptomatisch für den politischen Verfall: Eine Hilfsorganisation rettet die Menschen, nicht der Staat. Solange die maroden Wasserleitungen und die schlechte Abwasserentsorgung in den städtischen Ballungszentren nicht repariert und erneuert werden, bleibt die Krankheit eine tödliche Gefahr. Das Land hat nun schon seit Jahren nichts mehr in das Wohl seiner Bürger investiert. Stattdessen schiebt Mugabe alle Schuld auf seinen Lieblingsfeinde, die Briten und die Amerikaner, die mit der Cholera angeblich einen britischen Bio-Angriff gestartet hätten, um eine spätere Invasion vorzubereiten.

Noch also hält der Diktator durch. Doch im Militär, auf das sich seine Macht im Wesentlichen stützt, gärt es schon seit langem - vor alle in den unteren Rängen, die angesichts der galoppierenden Inflation ihre Familien kaum noch ernähren können. Anfang Dezember gab es erste kleinere Meutereien in den Kasernen, die allerdings nicht zu einemAufstand führten. Die Armeeführung kündigte harte Strafen an, und noch scheinen die Generäle bereit zu sein, Mugabes Herrschaft zu verlängern. Sie sind seine Weggefährten im Befreiungskampf gewesen, sie stehen ihm ideologisch nahe und fürchten wie er, dass sie nach einem Machtverlust für frühere Verbrechen büßen müssen.

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