Sicherheitskonferenz:Nato-Generalsekretär kritisiert die Europäer

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Vor dem Auftritt von US-Vizepräsident Biden geht es um Afghanistan und Russland. Nato-Generalsekretär de Hoop Scheffer fordert mehr EU-Engagement in Afghanistan und Solana beklagt ein "Klima des Misstrauens" zwischen Brüssel und Moskau.

Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer dringt auf ein stärkeres Engagement Europas in Afghanistan. Die neue US-Regierung erwarte nicht nur Ratschläge, sagte de Hoop Scheffer am Samstag auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Vielmehr müsse Europa auch bereit sein, neue Aufgaben zu übernehmen.

Fand klare Worte in München: Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer. (Foto: Foto: Reuters)

Er verwies auf die Ankündigung der USA, ihren Beitrag zum Afghanistan-Einsatz erhöhen zu wollen. Er sei besorgt, wenn er höre, dass andere Bündnispartner dies für sich selbst ablehnten.

Im Interview mit der Süddeutschen Zeitung hatte zuvor James Jones, der neue Sicherheitsberater von US-Präsident Barack Obama, mehr Anstrengung beim zivilen Aufbau in Afghanistan verlangt. Die Lage in Afghanistan beschrieb er mit Sorge. "Die Trends sehen nicht gut aus", sagte er der SZ und ergänzte: "Es braucht mehr als eine militärische Lösung."

Der Nato-Generalsekretär betonte, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe recht, wenn sie ein neues transatlantisches Gleichgewicht wünsche. Dies müsse aber bedeuten, dass Europa und die USA nicht nur die Führungsrolle, sondern auch die Lasten gemeinsam übernehmen. De Hoop Scheffer bezog sich dabei auf einen gemeinsamen Artikel von Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy für die SZ.

De Hoop Scheffer bot Russland eine engere Zusammenarbeit mit dem Bündnis an und kritisierte zugleich Moskau scharf. "Beide Seiten müssen die Bereitschaft zum Kompromiss haben", sagte de Hoop Scheffer. Dies betreffe etwa die Raketenabwehr in Europa und die von Moskau vorgeschlagene neue Sicherheitsarchitektur. "Ich kann aber nicht sehen, wie wir ernsthaft über eine solche Sicherheitsarchitektur reden können, wenn Russland gleichzeitig Militärstützpunkte innerhalb Georgiens baut, obwohl Georgien das nicht wünscht."

Vondra warnt

Tschechien warnte die Nato unterdessen vor einem Verzicht auf den geplanten US-Raketenschild in Osteuropa. Europäer und Amerikaner müssten das gleiche Maß an Schutz genießen, forderte der tschechische Vize-Ministerpräsident Alexandr Vondra.

Alles andere würde den Zusammenhalt im Militärbündnis gefährden. Russland solle in die Diskussion eingeladen werden, aber keinesfalls ein Veto-Recht bekommen. Tschechien hat momentan den Vorsitz der Europäischen Union inne.

Solana: Zwischen EU und Russland herrscht "Klima des Misstrauens"

EU-Chefdiplomat Javier Solana beklagte ein "Klima des Misstrauens" innerhalb der Europäischen Union sowie in deren Verhältnis zu Russland. Paradoxerweise sei in der EU nie zuvor so stark an einer gemeinsamen Sicherheit gearbeitet worden wie heute, und dennoch sei das Vertrauen nicht gewachsen, sagte Solana auf der Sicherheitskonferenz.

Er zeigte wenig Verständnis dafür, dass sich Russland bedroht fühle und kritisierte den Georgien-Krieg im vorigen Jahr scharf. Das sei eine massive Verletzung des Grundprinzips der friedlichen Beilegung von Konflikten gewesen. Er forderte, die EU und Moskau sollten sich besser den Bedrohungen zuwenden, die sie gemeinsam beträfen. Die EU solle sich weniger mit sich selbst beschäftigen. Ferner rief Solana die EU auf, sich für eine Lösung im Nahost-Konflikt zu engagieren.

Russland hatte den USA zuvor neue Gespräche über den Raketenschirm angeboten. Man müsse die Bedrohung gemeinsam analysieren und gegebenenfalls gemeinsam darauf reagieren, sagte Vize-Ministerpräsident Sergej Iwanow am Freitag, der sich mit de Hoop Scheffer zu einem Vier-Augen-Gespräch getroffen hatte.

Warten auf Biden

Mit Spannung wird US-Vizepräsident Joe Biden erwartet, der die außenpolitische Position der neuen Regierung unter Präsident Obama erläutern will. Biden sagte, die Regierung Obama werde die Grundzüge ihrer Außen- und Sicherheitspolitik in aller Ruhe abstecken.

"Wir nehmen uns die Zeit, die wir brauchen", sagte Biden am Samstag bei einem Treffen mit Bundeskanzlerin Merkel am Rande der Sicherheitskonferenz. Er kündigte zunächst eine gründliche Bestandsaufnahme an und betonte, er sei nicht nur nach München gekommen, um zu reden, sondern vor allem auch um zuzuhören.

Entgegen seinen Plänen konnten der gescheiterte US-Präsidentschaftskandidat, Senator John McCain, und einige weitere Parlamentarier nicht nach München kommen, da sich die Abstimmung im US-Senat über das amerikanische Konjunkturpaket hingezogen hatte.

© AP/ddp-bay/Reuters/mati - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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