Sicherheitsdebatte:FDP nennt Nacktscanner "richtigen Ansatz"

Folge des versuchten Terroranschlags von Detroit: Die Union drängt auf die Einführung von Körperscannern in Deutschland - die FDP will offenbar zustimmen.

Trotz Kritik von Datenschützern und Teilen der Polizei rückt der Einsatz sogenannter Nacktscanner an deutschen Flughäfen immer näher. Passagiere müssen sich wohl auch hierzulande schon bald auf die umstrittene Sicherheitstechnologie einstellen - denn die FDP scheint der Einführung der Körperscanner zuzustimmen.

Sicherheitsdebatte: Bild einer Person auf dem Monitor eines Körperscanners mit Millimeter-Wave-Technik. Die Aufnahme entstand auf dem Amsterdamer Flughafen Schiphol

Bild einer Person auf dem Monitor eines Körperscanners mit Millimeter-Wave-Technik. Die Aufnahme entstand auf dem Amsterdamer Flughafen Schiphol

(Foto: Foto: ddp/Schiphol TV)

Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesjustizministerium, Max Stadler (FDP), sagte dem Tagesspiegel: Da die Erfahrung gelehrt habe, dass Sprengstoff in der Unterwäsche unerkannt an Bord von Flugzeugen gebracht werden könne, sei der Einsatz von Körperscannern "der richtige Ansatz".

Homburger: Fortschritt bei Scannern nutzen

Allerdings dürfe die Technik erst eingeführt werden, falls zwei Bedingungen erfüllt seien: "Wenn der Eingriff in die Intimsphäre der Passagiere so gering wie möglich ist, und wenn mit ihrem Einsatz ein deutlicher Sicherheitsgewinn verbunden ist."

Ähnlich äußerte sich die FDP-Fraktionschefin im Bundestag, Birgit Homburger. Ihre Partei lehne die erste Generation der Ganzkörperscanner weiterhin ab, "weil diese Geräte die Intimsphäre und die Menschenwürde verletzen", sagte sie der Welt am Sonntag.

Allerdings fügte Homburger hinzu: "Jetzt gibt es eine weiter entwickelte Technik. Wenn diese Plastiksprengstoffe am Körper erkennen kann, ohne die Privatsphäre zu verletzen, sollte man diesen Fortschritt nutzen."

Zuvor hatten sich führende Unionspolitiker dafür ausgesprochen, die Scanner möglichst noch dieses Jahr einzuführen - in einer modernen, auch ethisch unbedenklichen Version.

Gut eine Woche nach dem knapp vereitelten Terror-Attentat eines Nigerianers in einem US-Flugzeug drücke die Unions-Fraktion im Bundestag, aber auch Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) aufs Tempo. "Wir sind zuversichtlich, dass wir im Sommer Forschungsergebnisse für eine ganz neue Generation von Körperscannern vorstellen können", sagte Schavan der Bild am Sonntag.

Zuvor hatte der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), in Aussicht gestellt, die weiterentwickelte Scanner-Technologie könne schon 2010 auch hierzulande zum Einsatz kommen.

Bosbach sagte der Neuen Osnabrücker Zeitung: "Nach meiner Einschätzung werden wir in einem halben Jahr mit Testversuchen auf deutschen Flughäfen beginnen können. Wenn alles glatt läuft, könnte einige Monate später der Normalbetrieb beginnen."

Damit Im Gegensatz zu Bosbach wollte sich der FDP-Politiker Stadler nicht auf einen Zeithorizont für die Einführung dieser Technologie festlegen.

Geißler attackiert die FDP

Der Berliner Morgenpost sagte der Konservative Bosbach, neuere Geräte zeigten "nicht den Körper des einzelnen Passagiers, sondern ein Piktogramm. Und nur im Falle eines Treffers wird dann die Körperstelle angezeigt, an der sich beispielsweise ein in der Achselhöhle verstecktes Keramikmesser befindet."

Die neue Technologie könne auch ohne Einsatz von Strahlen am Körper verborgene Gegenstände erkennen.

Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg, pflichtete Bosbach bei: Die neuen Scanner-Technologien würden die Menschenrechte nicht verletzen, sondern seien akzeptabel - und aus Sicherheitsgründen notwendig. "Es gab Realtests von Bundespolizisten, bei denen Beamte versucht haben, mit ihren Waffen durch die Sicherheitsschleusen zu kommen. Leider gab es teilweise eine Erfolgsbilanz von 30 Prozent - zu Lasten der Sicherheit."

Der frühere CDU-Generalsekretär Heiner Geißler kritisierte die FDP scharf. Geißler sagte dem Berliner Kurier, die Liberalen müssten sich in der Regierung eigentlich besonders für die Sicherung des Rechtsstaates, den Schutz der Menschenrechte und die Bewahrung der Privatsphäre der Bürger einsetzen. "Wo bleibt die Stimme der Liberalen, wenn jetzt auf den Flughäfen sogenannte Nacktscanner zur körperintimen Durchleuchtung der Passagiere eingesetzt werden sollen?"

Der Datenschutzbeauftragte von Schleswig-Holstein, Thilo Weichert, wies auf Nachteile auch der neuesten Technologie hin. "Die Möglichkeiten, mit dem Körperscanner mehr Sicherheit zu schaffen, sind sehr reduziert", sagte er dem Sender NDR-Info. Zum anderen werde weiterhin "ganz massiv in die Persönlichkeitsrechte eingegriffen, und das halte ich für sehr, sehr fragwürdig und problematisch."

726 Gewehre in elf Monaten am Airport Frankfurt beschlagnahmt

Die EU-Kommission hatte die Einführung sogenannter Nacktscanner Ende 2008 wegen massiver Bedenken und harscher Proteste von Menschenrechtlern und Datenschützern gestoppt.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) wird nach Worten Bosbachs Ende Januar im Innenausschuss mit den Experten beraten, welche Maßnahmen zu ergreifen seien. Ein in der Bundespolizeiakademie in Lübeck modifiziertes Gerät, das Intimbereiche von Flugpassagieren pixelt, wird laut Focus im Januar dem Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Klaus Dieter Fritsche, vorgeführt.

Allein am Frankfurter Flughafen wurden von Januar bis November 2009 mehr als 64.000 als gefährlich eingestufte Objekte beschlagnahmt, sagte die örtliche Bundespolizei-Sprecherin Nicole Ramrath dem Magazin - darunter 726 Gewehre und Pistolen. Auch bei Politikern der im Bund mit der Union regierenden FDP war zuletzt die Bereitschaft gewachsen, die umstrittenen Geräte zur Passagierkontrolle zuzulassen.

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