Sicherheit:Streit über Einsatz der Bundeswehr im Innern

Die Frage, ob Bundeswehr und Polizei gemeinsam im Inland üben sollen, entzweit die Koalition in Baden-Württemberg. Grüne und CDU vertreten entgegengesetzte Auffassungen.

Von Max Hägler, Stuttgart

Die grün-schwarze Koalition in Baden-Württemberg hat ihren ersten größeren Konflikt. In der Frage um einen Bundeswehreinsatz im Inneren widersprechen Vertreter der grünen Fraktion vehement dem Plan von CDU-Innenminister Thomas Strobl, gemeinsame Übungen zwischen Landespolizei und Bundeswehr durchzuführen. Strobl, auch stellvertretender Ministerpräsident, hat angekündigt, dass Baden-Württemberg als viertes Bundesland im Februar 2017 an einem Anti-Terror-Training teilnehmen wird. Bei den Landtags-Grünen will man hier indes jedoch mitreden und hält die Sache noch nicht für beschlossen, wohl auch, weil Strobl sie unerwartet rasch vorgetragen hat. "So funktioniert Koalition nicht", kritisierte Uli Sckerl, der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Fraktion.

Andreas Schwarz, Fraktionschef der Landtagsgrünen, spricht von inhaltlichen "Bedenken": Garanten der inneren Sicherheit seien allein die Polizisten, deswegen habe die Koalition auch gerade 30 Stellen für Antiterror-Spezialisten geschaffen. Ein theoretisches "Planspiel" würde Schwarz mittragen, hält aber etwa eine Übung mit bewaffneten Soldaten auf schwäbischen Straßen für kontraproduktiv. Genau dies könnte Ängste bei den Bürgern auslösen, warnte Schwarz, dabei gebe es keine Anzeichen für eine konkrete Terrorgefährdung. Deshalb müsse das Konzept im Koalitionsausschuss zur Entscheidung vorgelegt werden.

Strobl hat zwar zugesagt, das Thema am 12. September im Ausschuss vorzubringen und trifft sich zuvor in der kommenden Woche auch mit Schwarz, spricht aber selbst nur davon, den Plan zu "erläutern". Das klingt eben nicht danach, als ob er die Entscheidung noch einmal grundsätzlich infrage stellen lassen wird. Es könne Ausnahmesituationen geben, in denen die Polizei auch von der Bundeswehr Unterstützung brauche, sagt Strobl, etwa eine großflächige, lang andauernde und länderübergreifende Terrorlage mit zeitgleich stattfindenden Terroranschlägen.

Seine CDU-Fraktion unterstützt ihn in dieser Haltung, die AfD-Fraktion ebenfalls - und sehr zum Ärger der grünen Fraktion auch ihr grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann. "Da es diese Möglichkeit als ultima ratio gibt, muss man eine solche Unterstützung auch mal einüben", hatte Kretschmann mit Blick auf Artikel 35 des Grundgesetzes argumentiert. Dieser ermöglicht einen von der Polizei angeforderten und von ihr geleiteten Einsatz der Bundeswehr im Inneren. Eine gemeinsame Übung habe etwa den Sinn, Weisungsbefugnisse der Polizei eindeutig zu definieren, sagte der Ministerpräsident. Strobls Plan ist also auch Kretschmanns Plan - für manche Grüne, die eine Militarisierung der Polizei fürchten, ist dies der zweite Konflikt in Stuttgart.

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