Sexueller Missbrauch:Opfer drängen auf Gesetz

Die Opfer von Missbrauch fordern die Bundesregierung auf, bald ein Gesetz zur Entschädigung vorzulegen. Der Bundesbeauftragte hält Berlin gar Verschleppung vor.

Von Constanze von Bullion, Berlin

Erst das Canisius-Kolleg, dann die Odenwaldschule, dann Kloster Ettal - als Deutschland im Jahr 2009 von sexuellem Missbrauch an einer Serie angesehener Schulen erfuhr, war das Entsetzen groß, ein Runder Tisch wurde eingerichtet. Geholfen aber hat der Staat den Missbrauchsopfern seither viel zu wenig, sagte der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, am Freitag. "Inzwischen warten wir vier Jahre auf ein neues Gesetz."

Rörig, der mit 15 ehemaligen Opfern sexuellen Missbrauchs in Berlin einen neuen Betroffenenrat präsentierte, forderte deutlich mehr Engagement. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD), deren Haus für das geplante Opferentschädigungsgesetz zuständig sei, dürfe das Anliegen nicht länger verschleppen und müsse einen Gesetzentwurf vorlegen. Rörig warnte davor, den Hilfefonds und das ergänzende Hilfesystem für Betroffene 2016 auslaufen zu lassen, noch bevor ein neues Gesetz in Kraft sei. 14 Bundesländer, so Rörig weiter, seien aufgerufen, in den Fonds für Opfer von Missbrauch in der Familie einzuzahlen. Bislang beteiligen sich außer dem Bund nur Mecklenburg-Vorpommern und Bayern, von den angekündigten 100 Millionen Euro fehlten im Fonds noch 40 Millionen.

Ehemalige Opfer von Missbrauch berichteten von hohen bürokratischen Hürden auf dem Weg zu Anerkennung und Therapie ihrer traumatischen Erfahrungen. Vielen gelinge es nicht, die ihnen zustehende Hilfe zu bekommen. Beratungsstellen, in denen oft ehrenamtlich gearbeitet werde, bräuchten professionellere Unterstützung. Ab 2016 soll, so Rörig, eine Aufarbeitungskommission Missbrauch in Institutionen und Familien untersuchen.

© SZ vom 23.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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