Sexuelle Nötigung:Drei Jahre Haft für Silvester-Tat

Der Verteidiger hält das Urteil gegen den Iraker für zu hart, er will Revision einlegen. Es geht auch darum, ob der Mann bleiben darf.

Von Ulrike Heidenreich

Zu drei Jahren Haft ohne Bewährung ist ein 22 Jahre alter Iraker verurteilt worden, der in der Silvesternacht im bayerischen Hof eine Frau angegriffen und sexuell genötigt hat. Das Landgericht Hof milderte damit das vorherige Urteil des Amtsgerichts ab: Dieses wollte Darawan J. für dreieinhalb Jahre ins Gefängnis schicken - ein Urteil, das wegen des Strafmaßes Aufsehen erregt hatte. Vor dem Hintergrund der Übergriffe in Köln urteilte das Gericht im März, dass "insbesondere eine hohe Strafe festzusetzen" sei, um "vor vergleichbaren Taten abzuschrecken".

Die Berufungskammer betonte am Montag, dass der Abschreckungsgedanke nicht als "strafschärfender Aspekt" gewertet werden könne. Ebenso dürfe bei der Urteilshöhe nicht als Begründung herangezogen werden, dass ein Ausländer das Gastrecht der Bundesrepublik verletzt habe. Zu dem Angeklagten gewandt, sagte der Richter, er dürfe davon ausgehen, dass es für das Landgericht egal gewesen sei, ob er Iraker oder Deutscher sei. Die gleiche Strafe hätte auch ein deutscher Staatsbürger bei einer derartigen Tat bekommen.

"Die Strafhöhe ist unverhältnismäßig", sagt der Verteidiger

Darawan J. war im September 2015 als Flüchtling nach Deutschland gekommen. In der Silvesternacht hatte er Nicole E., 30, auf der Straße bedrängt, gepackt und sexuell genötigt. Die junge Frau wurde verletzt, leidet heute noch unter Angstzuständen. Vor dem Landgericht hatte der Iraker als Grund für seinen Angriff angegeben: "Ich habe große Liebe für die Dame gehabt. Aber sie hat mich nicht verstanden." Nach dem Urteil ließ er über seine Dolmetscherin mitteilen: "Strafe ist mir zu viel."

Sein Anwalt Jürgen Schmidt kündigte am Montag an, Revision gegen das Urteil einzulegen. Nächste Instanz ist das Oberlandesgericht Bamberg. Der Pflichtverteidiger hatte auf eine Bewährungsstrafe plädiert, weil er das Urteil als überzogen ansieht. Zum Vergleich zieht Schmidt ein Urteil eines Amtsgerichts in Baden-Württemberg heran, in dem ein Angeklagter wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit Körperverletzung zu dreieinhalb Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt worden war. "Ich will das Delikt meines Mandanten nicht verharmlosen. Aber die Strafhöhe ist unverhältnismäßig. Auch war er Einzeltäter und nicht in einer Gruppe unterwegs." Wegen sexueller Übergriffe in der Silvesternacht sind bundesweit bislang vier Männer verurteilt worden: Zweimal zu je einer Bewährungsstrafe sowie einmal zu einem Jahr und neun Monaten Haft. Ein Marokkaner muss in Düsseldorf für 19 Monate in Haft, weil er eine andere Strafe auf Bewährung offen hatte.

Darawan J. hatte angegeben, wegen einer Familienfehde aus dem Irak geflüchtet zu sein und in Deutschland Asyl beantragt zu haben. Die Höhe der Strafe entscheidet, ob er bleiben darf. Wer zu einer Gefängnisstrafe von mindestens drei Jahren ohne Bewährung verurteilt wird, dem wird die Anerkennung als Flüchtling nach dem Asylgesetz verweigert.

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