Serie: Der Weg nach Berlin:Frühstück mit Pirat

Bruno Kramm von den bayerischen Piraten ist früh aufgestanden. Er hat zu einem Pressefrühstück geladen. Im Büro in Milbertshofen will er über das neue Debattenportal des Landesverbandes sprechen. Was der Politische Geschäftsführer nicht bedacht hat: Die Presse fehlt. Sie speist an diesem Morgen andernorts.

Jan Bielicki

Politiker "sind doch alle gleich", lautet das Pauschalurteil vieler Deutscher. Sind sie nicht. Die Süddeutsche Zeitung begleitet bis zur Bundestagswahl 2013 sieben Menschen aus sieben Parteien auf ihrem Weg in die Politik - Fehler, Rückschläge und Niederlagen inklusive.

Wer in den Bundestag will, muss früh aufstehen. Um halb fünf Uhr morgens hat der Wecker geklingelt. "Nicht gerade mein Lebensrhythmus", sagt Bruno Kramm, 45, der sich selbst einen "Nachtmenschen" nennt. Er hat seine zwei Katzen, drei Hunde und die acht Meerschweinchen seiner Tochter gefüttert und ist von seinem Wohnort Cottenau in Oberfranken nach München gefahren, 250 Kilometer. In der Geschäftsstelle der Piratenpartei, einem Erdgeschoss-Büro in dem vergleichsweise billigen Stadtteil Milbertshofen, hat er erst mal Kaffee gekocht. Bei einem Pressefrühstück will Kramm, Politischer Geschäftsführer und Listenführer der bayerischen Piraten für die Bundestagswahl, das neue Debatten-Portal des Landesverbands vorstellen.

Was fehlt, ist die Presse. Nur die Süddeutsche ist da, sonst niemand. Zur gleichen Zeit geben in München die Freien Wähler eine Pressekonferenz, und eine Gruppe, die bereits im Landtag sitzt, ist halt berichtenswerter als eine, die erst im Herbst 2013 dorthin und in den Bundestag kommen will - und es womöglich nicht einmal schafft, nach derzeitigen Umfragen jedenfalls.

Doch Kramm ist keiner, der sich in seinem Enthusiasmus so leicht bremsen lässt. "Trotz der aktuell sinkenden Umfragewerte verspreche ich euch: Sobald die grauen Fratzen der etablierten Parteien von den Wahlplakaten drohen, werden wir mit unserer erfrischenden Vielfalt nach oben schießen", das hat er vor zwei Wochen bei der Listen-Aufstellung den Bayern-Piraten zugerufen. Die machten diesen Optimisten prompt zum Spitzenkandidaten.

Themen statt Personalquerelen

Der mag sich gar nicht lange mit den Streitereien aufhalten, mit denen die Oberpiraten im Bund gerade das Ansehen der einstigen Senkrechtstarter zum Absturz bringen. Gut, "der ein oder andere hat sich wohl übermannen lassen, sich über Personaldinge sehr emotional zu äußern", sagt Kramm. Er fügt eine Formel an, in die sich auch als etabliert gescholtene Parteien gerne retten: "Der Streit ist vorbei, wir kümmern uns um Inhalte." Und damit sollten sich doch auch die Journalisten lieber befassen als mit partei-internem Knatsch, mit etwas "Fingerspitzengefühl" bitteschön für die neue Form der Piraten, Politik zu machen.

Kramm redet auf Medien ein, und er schimpft auf die Grünen, bei denen er lange Mitglied war. Nun wirft er ihnen "etabliertes, konservatives Spießertum" vor. Er wirbt für das "Prinzip der Teilhabe", in dem er den Kern piratischer Politik sieht - und immer redet er schnell, gestenreich, bildhaft und mit freundlicher Verve. Und er weiß dabei sehr wohl, dass es durchaus darauf ankommen wird, welche Köpfe für die Piraten stehen; ihre Inhalte entwickeln sich ja erst im Netz. Er sagt: "Es ist klar, dass wir zu den Wählern gehen müssen." Bruno Kramm wird demnächst noch öfter sehr früh aufstehen.

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