Serbien:Unzufriedener Wahlsieger

Serbiens Ministerpräsident Aleksandar Vučić fordert eine Neuauszählung der Stimmen. Es seien "eigenartige Dinge" am Wahltag geschehen.

Von Nadia Pantel

Drei Tage nach der Parlamentswahl in Serbien eint Regierung und Opposition dasselbe Gefühl: Unzufriedenheit. "Die Wahl war gekennzeichnet durch verschiedene Unregelmäßigkeiten, welche die freie Meinungsäußerung der Bevölkerung beeinträchtigt haben", heißt es in einem Statement, das verschiedene Oppositionsparteien, vor allen Dingen aus dem sozialdemokratischen Spektrum, veröffentlicht haben. Ausgerechnet der wiedergewählte Premier Aleksandar Vučić von der nationalkonservativen Fortschrittspartei (SNS) sieht das genauso. Am Wahltag seien "eigenartige Dinge" geschehen, denen man nachgehen müsse. Beide Seiten fordern eine Neuauszählung der Stimmen.

Die serbische Wahlkommission stellte daraufhin klar, dass es jeder Parteien frei- stehe, die abgegebenen Stimmen erneut durchzuzählen. Bis Donnerstag soll das offizielle Endergebnis der Wahlen vorliegen. Laut Wahlkommission wird in einigen Orten, an denen die Stimmabgabe nicht unter fairen Bedingungen ablief, eine Neuwahl nötig werden.

Beobachter bestätigen, dass die Abstimmung nicht überall frei und fair war

Der Unmut über das Wahlergebnis hat zwei Gründe. Zum einen bezeugen auch Beobachter, dass die Kriterien einer "freien und fairen Wahl" nicht immer erfüllt worden seien. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa berichtet, dass einige Personen ihre Stimme doppelt abgegeben hätten und dass nicht immer auf die Registrierung der Wähler geachtet worden sei. Zudem habe zum Beispiel der Belgrader Bürgermeister Siniša Mali seine Stimme in eine Urne gegeben, die nicht - wie vorgeschrieben - versiegelt war. Dennoch habe die Wahl "grundsätzlich" im gesetzlich vorgegebenen Rahmen stattgefunden.

Der andere Grund für die Unzufriedenheit ist weniger technisch als politisch. Vučić und seine SNS haben es auf 48 Prozent der Stimmen gebracht, allerdings hat ihr bisheriger Koalitionspartner, die Sozialistische Partei unter Ivica Dačić, empfindlich an Stimmen eingebüßt und kommt auf nur zehn Prozent der Stimmen. Aufgeholt haben dafür die kleineren Parteien. Im Vergleich zum jetzigen Parlament haben mehr Parteien die Fünf-Prozent-Hürde genommen. So hat der Rechtsradikale Vojislav Šešelj acht Prozent der Stimmen bekommen. Auf jeweils knapp sechs Prozent brachte es die sozialdemokratische DS und die Protest-Partei Genug ist genug. Eine Allianz sozialdemokratischer Splittergruppen bekam fünf Prozent der Wählerstimmen, ebenso wie die rechtsradikale Partei Dveri. Nach der Wahl 2012 waren sechs Parteien ins Parlament eingezogen. Nach dieser vorgezogenen Neuwahl sind es nun sieben.

Für Vučić bedeutet dieses Ergebnis, dass er mit einem unübersichtlicheren Parlament regieren muss, in dem nun auch Rechtsradikale vertreten sind. Anders als zunächst erwartet, konnte der wiedergewählte Premier nicht die absolute Mehrheit der Stimmen auf sich vereinen. In den ersten Prognosen am Wahlabend hatte die regierende SNS bei mehr als 50 Prozent gelegen. Noch will sich der Premier nicht festlegen, mit wem er künftig regieren will. Die neuen Minister sollen aber, so Vučić, bis Ende Mai feststehen.

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