Senkaku und andere umstrittene Einöden:Dünn besiedelt, hart umkämpft

Eine unbewohnte Inselgruppe im Ostchinesischen Meer sorgt immer wieder für harte Worte und deutliche Drohgesten zwischen China und Japan. Was für Außenstehende bizarr wirkt, ist kein Einzelfall: Auch in anderen Teilen der Welt wird um dünn besiedelte Territorien erbittert gestritten. Eine Auswahl.

Barbara Galaktionow

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Senkaku und andere umstrittene Einöden:Senkaku-Inseln

Aerial photo from Kyodo News shows Japan's national flag on one of a group of disputed islands known as Senkaku in Japan and Diaoyu in China, in the East China Sea

Quelle: REUTERS

Eine unbewohnte Inselgruppe im Ostchinesischen Meer sorgt immer wieder für harte Worte und deutliche Drohgesten zwischen China und Japan. Was für Außenstehende bizarr wirkt, ist kein Einzelfall: Auch in anderen Teilen der Welt wird um dünn besiedelte Territorien erbittert gestritten. Eine Auswahl.

Im September 2012 verkündete die Regierung in Tokio den Kauf von drei der japanisch Senkaku genannten Inseln. Diese hatten sich zuvor in japanischem Privatbesitz befunden. Seitdem ist der Konflikt um die unbewohnte Inselgruppe im Ostchinesischen Meer voll entbrannt. Japan richtete harsche Worte an China, chinesische Kriegsschiffe drangen in japanische Hoheitsgewässer ein, Japan entsendete Kampfflugzeuge und auch chinesische Kampfjets sollen in der Region gesichtet worden sein. Der Streit um die Inseln, die in China Diaoyu genannt werden, führte auch zu massiven Protesten chinesischer Bürger.

Im November 2013 machte die chinesische Regierung mit einer neuen Provokation auf sich aufmerksam. Sie proklamierte eine Luftverteidigungszone über der betroffenen Region und veröffentliche unter Androhung militärischer Mittel Anweisungen, die Flugzeuge in dem Gebiet künftig zu beachten hätten. Die Antwort aus Tokio und Washington kam prompt: Man werde die chinesische Entscheidung ignorieren. Mehrere japanische Kampfjets überflogen das Gebiet, die USA zeigten sogar mit einem B-52-Bomber Präsenz. China reagierte abermals und ließ Kampfjets aufsteigen.

Die Inselgruppe liegt in einem strategisch wichtigen Gebiet, zudem werden auf dem Meeresboden Öl- und Gasvorkommen vermutet. Vier der fünf Inseln waren bislang in japanischen Privatbesitz, eine gehört der Stadt Tokio. Daneben gibt es drei Felsenriffe. Neben China beansprucht auch Taiwan das Archipel. Im August 2012 hatten japanische Nationalisten Flaggen auf einer der Inseln gehisst (Foto), um den Anspruch ihres Landes darauf zu bekräftigen.

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Senkaku und andere umstrittene Einöden:Falklandinseln

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Quelle: AFP

Es ist ein Konflikt, der schon fast zwei Jahrhunderte währt und 1982 kurzzeitig auch mit Waffen geführt wurde: der Territorialstreit um die Falklandinseln.

Das britische Überseegebiet wird von Argentinien beansprucht - was dessen Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner (Foto) Anfang Januar 2013 in einem öffentlichen Brief erneut bekräftigte. In diesem warf sie Großbritannien "Kolonialismus" vor und forderte Verhandlungen über die Rückgabe der auf spanisch Islas Malvinas genannten Inselgruppe ein. Der Vorstoß wurde von der britischen Regierung prompt und deutlich zurückgewiesen.

Auch die Bewohner der Inseln sprachen sich bei einem Referendum mit überwältigender Mehrheit (99,8 Prozent) für die Zugehörigkeit zu Großbritannien aus.

Im Konflikt um die Inseln ging es lange Zeit primär um historisch gewachsene Ressentiments und Emotionen. Der Fund von Erdölvorkommen vor den Inseln und die für Großbritannien strategisch wichtige Nähe zur Antarktis haben die Debatte in den vergangenen Jahren wieder angeheizt.

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Senkaku und andere umstrittene Einöden:Antarktis

AUSTRALIAN SCIENTISTS FISH IN ANTARCTIC

Quelle: REUTERS

Eigentlich ist alles klar geregelt: Dem Antarktisvertrag zufolge soll das Gebiet zwischen 60 und 90 Grad südlicher Breite mitsamt dem eisbedeckten Kontinent, den Inseln, Schelfeisflächen und dem Ozean gemeinschaftlich friedlich genutzt werden - vor allem zu Forschungszwecken. Auch die Staaten, die zuvor Ansprüche auf das Gebiet erhoben hatten, zeigten sich in dem 1961 in Kraft getretenen Vertrag bereit, diese ruhen zu lassen.

Vollkommen aufgegeben haben sie sie aber nicht. So betonen einige Staaten ihr grundsätzliches Anrecht auf bestimmte Gebiete, das sie entweder aus der geografischen Nähe zum eigenen Territorium herleiten (Argentinien und Chile) oder auf die frühe Entdeckung und Erforschung der Antarktis stützen (beispielsweise Großbritannien oder Norwegen). Eine einheimische Bevölkerung, die Ansprüche erheben könnte, gibt es in der Antarktis nicht. In dem Gebiet leben je nach Jahreszeit nur einige Hundert oder Tausend Wissenschaftler in den Forschungsstationen.

Dass es bislang noch nicht zu einem offenen Konflikt gekommen ist, hat mit einem Moratorium zu tun: 1991 verständigte sich die internationale Gemeinschaft in einem Umweltschutzprotokoll darauf, auf die Erkundung und Ausbeutung von Bodenschätzen für die folgenden 50 Jahre zu verzichten - und erst der Zugriff auf die Rohstoffvorkommen würde das eisige Territorium ja für die Staaten interessant machen.

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Senkaku und andere umstrittene Einöden:Arktis

Die Arktis schmilzt

Quelle: Lucas Jackson/Reuters

Im Gegensatz zur Antarktis wird der Bereich um den Nordpol nicht durch ein internationales Abkommen geschützt. Die fünf Arktis-Anrainerstaaten haben nach dem UN-Seerechtsabkommen das Recht auf begrenzte Kontrolle der Wasserfläche bis zu einer Entfernung von 200 Seemeilen von ihrer Küstenlinie: Norwegen, Dänemark (über Grönland), Russland, die USA und Kanada.

Doch sie wollen mehr. Denn die enormen Vorkommen an Bodenschätzen in der Arktis werden im Zuge der Klimaerwärmung künftig besser zugänglich sein. Die Staaten erheben deshalb auch Anspruch auf Gebiete im nördlichen Polarmeer, die bislang keinem Land zuzuordnen sind. Um offene Konflikte um die Öl- und Gasvorkommen zu vermeiden, haben sich die Nordpol-Anrainer darauf verständigt, dass Geologen aufgrund der Struktur des Meeresbodens klären sollen, wem welches Gebiet zusteht.

Über die Jahre hinweg war es so zum Beispiel immer wieder zu diplomatischen Verwerfungen zwischen Ottawa und Kopenhagen um die kleine, unbewohnte Hans-Insel zwischen Grönland und der kanadischen Ellesmere Island gekommen.

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Senkaku und andere umstrittene Einöden:Rockall

GREENPEACE RÄUMT ROCKALL-FELSEN

Quelle: DPA

Rockall ist, was der Name schon zu verheißen scheint: ein Felsen, wenn auch ein etwas größerer. Er hat einen Durchmesser von 25 bis 31 Meter und ragt bei ruhiger See etwa 20 Meter aus dem Wasser heraus. Trotzdem erheben nicht bloß die Briten, sondern auch Dänen, Iren und Isländer Anspruch auf das karge Stück Stein im Nordatlantik.

Denn in der Umgebung des Felsens wurden große Erdölvorkommen entdeckt - alle vier Staaten würden gerne Zugriff darauf erhalten. Großbritannien versuchte erstmals 1972, sich den Felsen mit dem "Rockall Act" in sein Territorium einzuverleiben. Um den Anspruch zu untermauern und zudem zu zeigen, dass es sich bei dem unwirtlichen Granitfelsen um bewohnbares Land handele (was einem Staat auch die Fischereirechte sichert), lebte 1985 ein ehemaliger Angehöriger des Special Air Service, Tom McLean, fast 40 Tage lang auf der Insel. Inzwischen betrachtet jedoch selbst das Vereinigte Königreich Rockall als unbewohnbar. Der Felsen liegt 400 Kilometer westlich der schottischen Hebriden und wird von bis zu 29 Meter hohen Wellen umtost.

1997 besetzten Greenpeace-Aktivisten die Felseninsel für mehr als 40 Tage (Foto). Die Umweltschutzorganisation protestierte damit gegen die geplante Ausbeutung des Meeresgebietes durch die Ölindustrie. Nur einige Dutzend Menschen sollen je einen Fuß auf das isoliert liegende Gesteinsstück gesetzt haben.

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Senkaku und andere umstrittene Einöden:Westsahara

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Quelle: AFP

In dem dünn besiedelten Wüstengebiet in Nordwestafrika - auf jeden Quadratkilometer kommen im Durchschnitt ein bis zwei Einwohner - kämpft die von Algerien unterstützte Frente Polisario bereits seit Jahrzehnten für die Unabhängigkeit. Große Teile der früheren spanischen Kolonie wurden seit 1975 von Marokko annektiert - das Königreich hat sie im Laufe der Jahre durch eine etwa 2500 Kilometer lange Wallanlage abgetrennt.

1991 wurde ein Waffenstillstandsabkommen zwischen den Konfliktparteien geschlossen. Er wird von einer UN-Friedensmission überwacht. An der Situation der Westsahara hat sich seitdem letztlich nichts geändert. Ein für 1992 geplantes Referendum über die Selbstbestimmung hat nie stattgefunden. Das Territorium ist reicht an Phosphat. Außerdem werden vor der Küste große Ölvorkommen vermutet.

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Senkaku und andere umstrittene Einöden:Südliche Kurilen

Schiffswracks in in einer Buch der Insel Kunashir. Das Eiland war, wie andere Inseln der Südkurilen, 1945 von der Sowjetunion besetzt worden.

Quelle: REUTERS

Drei Inseln und eine Inselgruppe mit insgesamt wenigen Tausend Einwohnern im Pazifik sind verantwortlich dafür, dass es Jahrzehnte nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs immer noch keinen Friedensvertrag zwischen Japan und Russland gibt: Kunashiri (im Bild), Iturup (Etorofu), Shikotan und die Habomai-Inselgruppe.

Die Südkurilen gehören seit Ende des Krieges zur Sowjetunion beziehungsweise seit 1991 zu Russland. Tokio erhebt aber immer noch Anspruch auf seine "nördlichen Territorien", die unmittelbar vor der japanischen Küste liegen. So ist Kunashiri etwa zehn Kilometer, eine der Habomai-Inseln sogar nur etwa vier Kilometer von Japans Nordinsel Hokkaido entfernt.

Ein Besuch des russischen Ministerpräsidenten Dmitrij Medwedjew auf Kunashiri führte zuletzt im Sommer 2012 zu Spannungen zwischen Moskau und Tokio. Während Russland betonte, dass "Kommentare aus dem Ausland zu Reiseplänen russischer Regierungsvertreter innerhalb der Staatsgrenzen des eigenen Landes gelinde gesagt deplatziert" seien, wie die Online-Seite Russland heute schrieb, hieß es von japanischer Seite, Medwedjews Reise sei "wie ein Kübel kaltes Wasser auf unsere Beziehungen".

Im November 2013 berieten die Außen- und Verteidigungsminister beider Länder immerhin zum ersten Mal über Sicherheitsfragen. Sie einigten sich darauf, beim Kampf gegen Terrorismus und Piraterie zusammenzuarbeiten und gemeinsame Marinemanöver abzuhalten.

© Süddeutsche.de/joku
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