Selbstmordattentat in Bagdad:Gewalt im Irak erreicht neuen Höhepunkt

Nach dem verheerenden Bombenanschlag auf einem Markt in Bagdad ist die Zahl der Toten auf 137, die der Verletzten auf mehr als 300 gestiegen.

Ein Ende der Gewalt ist nicht absehbar: Bei erneuten Attentaten in der irakischen Hauptstadt starben am Sonntag fünf Menschen, Dutzende weitere wurden verletzt.

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Einer von zahlreichen Verletzten in einem Krankenhaus in Sadr-City

(Foto: Foto: AFP)

Bei der Explosion einer Autobombe im nordöstlichen Stadtteil El Kasra wurden vier Polizisten auf Patrouille getötet, wie Sicherheitskräfte mitteilten. Vier weitere Beamte seien verletzt worden.

Ein US-Soldat erschoss außerdem nach Angaben von Augenzeugen die Journalistin Suhad Ibrahim, die für das staatliche irakische Medien-Netzwerk arbeitete. Ibrahim sei auf ihrem Weg zur Arbeit an einer amerikanischen Patrouille vorbeigefahren, ohne diese weiter zu beachten, hieß es.

Die US-Soldaten im Irak eröffnen wegen des Risikos von Selbstmordattentaten häufig das Feuer auf vorbeifahrende Fahrzeuge, wenn die Fahrer nicht sofort auf Zuruf anhalten. In und um Bagdad habe es zudem weitere Anschläge mit Verletzten gegeben.

Saddam-Anhänger beschuldigt

Der Anschlag vom Samstag auf einem belebten Markt im schiitischen Wohnviertel Sadrija war der schwerste seit dem 23. November vergangenen Jahres, als im schiitischen Stadtteil Sadr City 215 Menschen getötet wurden.

Der irakische Ministerpräsident Nuri al-Maliki verurteilte das Attentat aufs Schärfste und machte Anhänger des Ende Dezember hingerichteten Ex-Machthabers Saddam Hussein für die Tat verantwortlich.

Nach Angaben der Sicherheitskräfte fuhr ein Selbstmordattentäter mit einem Lastwagen auf den belebten Markt und löste die Detonation aus. Der Lastwagen enthielt mindestens eine Tonne Sprengstoff. Zwei durch die Explosion schwer beschädigte Gebäude stürzten nach Angaben eines irakischen Generals ein; acht weitere Gebäude wurden zum Teil zerstört.

Wütende Angehörige

Wie ein Fotograf der Nachrichtenagentur AFP berichtete, riegelte die Polizei den Markt nach dem Anschlag hermetisch ab. Ängstliche Überlebende und Angehörige von Opfern warfen mit Steinen auf die Beamten, weil sie zu den Opfern vorgelassen werden wollten. Ein Polizist, der in einem blutüberströmten Wagen Verletzte abtransportieren wollte, wurde von offenbar unter Schock stehenden Menschen angepöbelt und verprügelt.

Kurz nach dem Anschlag im Zentrum schlugen in zwei südlichen Randbezirken von Bagdad mehrere dutzende Granaten ein und töteten drei Menschen. Zwölf Menschen wurden verletzt.

Bush wirft irakischer Regierung Schwäche vor

Angesichts der anhaltenden Gewalt im Irak drohte US-Präsident George W. Bush der Führung in Bagdad mit Konsequenzen, falls sie nicht energisch durchgreifen sollte. Die Verpflichtung der USA zum Militäreinsatz sei nicht unbefristet, sagte Bush vor einer Tagung der oppositionellen Demokraten in Williamsburg im US-Bundesstaat Virginia.

Bush verlangte von der Regierung von Ministerpräsident Nuri al-Maliki mehr Führungsstärke. Sie müsse endlich die politischen Reformen in Angriff nehmen, damit alle Iraker das Gefühl hätten, dass die Regierung für sie da sei.

Ausgangssperre in Kirkuk

In der nordirakischen Vielvölkerstadt Kirkuk explodierten am Samstag sieben Autobomben. Vier Menschen starben, 21 weitere wurden nach Polizeiangaben verletzt. In Folge der Anschläge wurde in der gesamten Stadt zunächst eine vollständige Ausgangssperre verhängt. In Ambar wurden acht Polizisten getötet, als ein Selbstmordattentäter seinen Sprengstoffgürtel bei einer Polizeistation zündete.

Zuvor waren bei einem Gefecht zwischen mutmaßlichen Extremisten und irakischen Sicherheitskräften in Suwaira, 50 Kilometer südöstlich der Hauptstadt, mindestens 45 Terrorverdächtige getötet worden. In der westlichen Anbar-Provinz töteten Aufständische am Samstag zwei amerikanische Soldaten. Das US-Militär machte dazu zunächst keine Angaben.

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