Seenotrettung:Libysche Küstenwache soll deutsche Fregatte bedroht haben

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Deutschland ist mit der Fregatte Mecklenburg-Vorpommern und einem Tender an der Sophia-Mission beteiligt. (Foto: Michael Bahlo/dpa)
  • Einem Medienbericht zufolge hat ein Patrouillenboot im Mittelmeer die Mecklenburg-Vorpommern bedroht.
  • Der Chef der libyschen Küstenwache hat sich bei der Bundeswehr für das Manöver entschuldigt.
  • Die Fregatte ist im Rahmen der EU-Mission Sophia gegen Menschenhandel vor Libyens Küste unterwegs.

Libyens Küstenwache soll die Crew einer deutschen Fregatte im Mittelmeer bedroht haben. Der Spiegel berichtet von einem aggressiven Seemanöver eines Patrouillenboots in unmittelbarer Nähe der deutschen Mecklenburg-Vorpommern am 1. November.

Die Mecklenburg-Vorpommern ist Teil der EU-Operation Sophia. Dem Spiegel-Bericht zufolge war ihre Besatzung gerade dabei, im Mittelmeer 50 Kilometer vor Libyens Küste Spuren auf einem leeren Schleuserboot zu sammeln, als das Patrouillenboot plötzlich auf sie zuraste. Es soll etwa 20 Knoten, also 37 Stundenkilometer, schnell gewesen sein. Der Kapitän der Mecklenburg-Vorpommern habe die Fregatte zwischen die beiden Boote manövriert, um seine Crew zu schützen. Das Patrouillenboot soll daraufhin abgedreht, aber mehrmals ins Wasser geschossen haben.

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Zwei Boote waren vor der libyschen Küste in Seenot geraten, 200 Flüchtlinge konnten gerettet werden. Unter den Todesopfern sind mehrere Kinder.

Infolge einer Beschwerde des Fregattenkapitäns soll sich Kommodore Abdalh Toumia, der Chef der Küstenwache, offiziell entschuldigt haben. Es habe sich um ein Versehen eines jungen unerfahrenen Leutnants gehandelt. Die Waffen seien nur getestet worden - mehrere Missverständnisse auf einmal also.

Es gab schon mehrfach Beschwerden über die libysche Küstenwache. Sie versucht mit europäischer Unterstützung Flüchtlinge abzufangen, ehe sie internationale Gewässer erreichen. Dabei wendet sie immer wieder brutale Methoden an. Internationale Hilfsorganisationen beschweren sich, dass die Küstenwache sie in ihrer Arbeit behindere und die Rettung von Flüchtlingen in Seenot erschwere. In der Vergangenheit hat sie Rettungsschiffe abgedrängt und sogar eine NGO-Crew festgesetzt und verhört.

Die Mission Sophia, an der sich Deutschland mit der Mecklenburg-Vorpommern beteiligt, ist ein gemeinsames Projekt von Libyen und 25 europäischen Nationen. Das Mandat sieht vor, Menschenhandel zu stoppen, indem etwa Schleuserboote zerstört und vor Ort ermittelt wird. Außerdem bilden die Europäer libysche Küstenwächter aus. Wegen der Verpflichtung zur Seenotrettung haben sie seit Beginn des Einsatzes 2015 mehr als 20 000 Menschen aus dem Meer gerettet. Benannt ist die Mission nach einem somalischen Mädchen, das an Borg der Fregatte Schleswig-Holstein zur Welt kam.

Den Vereinten Nationen zufolge ist das Mittelmeer die gefährlichste Migrationsroute. In diesem Jahr sind 3000 Menschen bei dem Versuch gestorben, über das Mittelmeer nach Europa zu flüchten.

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