Sean Spicer:Abgang eines Streitbaren

FILE PHOTO:    Spicer holds his daily briefing at the White House in Washington

Spicers Auftritte als Trumps Sprecher waren nicht immer glücklich.

(Foto: Jonathan Ernst/Reuters)

Der Sprecher von US-Präsident Donald Trump wirft nach einem schwierigen halben Jahr im Weißen Haus hin.

Von Sacha Batthyany, Washington

Er wird wohl als einer der berühmtesten Sprecher des Weißen Hauses in die Geschichte eingehen: Sean Spicer, der oft für Irritationen und Spott gesorgt hatte, ist am Freitag zurückgetreten. Nachdem erst Medien über seinen Abgang berichteten, bestätigte Spicer kurz später auf Twitter, dass er seinen Posten im August aufgeben werde. Laut der New York Times hatte sich Spicer vehement gegen die Berufung von Anthony Scaramucci als Kommunikationschef gewehrt und sich bei US-Präsident Donald Trump offenbar darüber beschwert. Spicers Karriere als Sprecher des Weißen Hauses dauerte zwar nur etwas mehr als ein halbes Jahr, war dafür aber umso intensiver. Der neue Kommunikationschef Anthony Scaramucci wird Michael Dubke ersetzen, der im Mai zurückgetreten war. Seitdem hatte Spicer dessen Aufgaben übernommen. Die Ernennung Scaramuccis, ein New Yorker Finanzinvestor, der bisher häufig als Experte im konservativen Sender Fox-News auftrat, hätte für Spicer einen Machtverlust bedeutet. Im Wahlkampf soll Scramucci erst die Republikaner Scott Walker und Jeb Bush unterstützt haben, bevor er sich auf die Seite Trumps schlug. Der nahm ihn in sein Übergangsteam auf und schickte ihn etwa zur Weltwirtschaftskonferenz nach Davos. Seit Wochen schwirrt nun das Gerücht herum, Scaramucci soll zum Kommunikationsteam des Weißen Hauses stoßen. In einer ersten Pressekonferenz sagte er, Trump sei ein Mann mit einem unglaublichen politischen Instinkt, "vielleicht einzigartig in der Geschichte". Dass Trump mit seinem Kommunikationsapparat nicht zufrieden ist, war lange bekannt. Die Kritik soll sich in erster Linie auf Sean Spicer bezogen haben, heißt es in US-Medien, von dem sich der Präsident offenbar nicht gut repräsentiert fühlte. Auffallend war, dass sich Spicer in jüngster Zeit immer mehr zurückzog und die Pressebriefings seiner Stellvertreterin Sarah Sanders überließ, die nun seinen Posten erben wird. Laut der New York Times habe Trump Spicer gebeten zu bleiben.

Spicer habe dies abgelehnt. Sean Spicers zuweilen schwieriges Verhältnis mit den Journalisten begann an seinem allerersten Tag als Sprecher des Weißen Hauses. Spicer, 45, behauptete, bei keinem anderen US-Präsidenten seien mehr Menschen bei der Vereidigung anwesend gewesen. Zweifel, ob diese Angaben stimmen, ließ er nicht zu. Mitte April verstrickte er sich in einen Vergleich zwischen Adolf Hitler und Baschar al-Assad, der ihm viel Kritik einbrachte. Nicht einmal Hitler sei so "verabscheuungswürdig" gewesen, chemische Waffen einzusetzen, wie dies Assad tat - eine Peinlichkeit, für die sich Spicer später entschuldigte.

Spicer hatte keine leichte Aufgabe als Sprecher eines Präsidenten, der seine Meinung auf Twitter oft innerhalb von Stunden ändert, der Fernsehmoderatoren beleidigt und die Presse als "Feind des amerikanischen Volkes" bezeichnet. Man sah ihm oft an, wie sehr auch er nach Erklärungen suchte und mit Worten haderte, wenn er von Journalisten auf Trumps Twitter-Attacken angesprochen wurde. "Die Aufgabe von Trumps Sprecher ist es, die Scherben des Präsidenten zusammenzufegen", hieß es neulich in der Washington Post. Und wenn man denke, man sei fertig mit Fegen, "hat der Präsident schon die nächste Scheibe eingeschlagen."

Spicers tägliche Pressebriefings wurden im Laufe der Zeit immer populärer. Waren es früher eher dröge Veranstaltungen ohne Zuschauerbeteiligung, schossen die Einschaltquoten unter Spicer "in die Höhe", wie CNN im April meldete. Auf dem Höhepunkt seiner etwas bizarren Popularität wurde Spicer, genannt "Spicy", in der Sketch-Sendung "Saturday Night Live" von der Schauspielerin Melissa McCarthy parodiert. Es heißt, Präsident Trump habe sich am Gerede über die Pressebriefings und seinen Sprecher Spicer gestört. Spicer war jedoch eines der bekanntesten Gesichter der Trump-Regierung.

Spicer gilt in Washington als alter Hase, im wahrsten Sinne des Wortes. Er war Kommunikationsdirektor des Republican National Committee und arbeitete für den damaligen Präsidenten George W. Bush. Es gibt aus dieser Zeit ein berühmtes Foto: Es zeigt Spicer an einer Osterfeier im Weißen Haus - in einem Hasenkostüm.

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