Schweiz:Wille oder Weg

Keine Zuwanderung oder Europa - Bern muss sich entscheiden.

Von Charlotte Theile

Kaum eine Schlagzeile ruft in der direktdemokratischen Schweiz so viel Unmut hervor wie diese hier: "Volksentscheid nicht umgesetzt!" Der Respekt vor dem Volkswillen gehört zum Wesenskern des Landes. Ebenso wichtig sind: ökonomische Vernunft und pragmatische, abgewogene Lösungen. Mit der 2014 per Volksentscheid beschlossenen Zuwanderungsbegrenzung hat sich die Schweiz zwischen diesen politischen Grundsätzen verhakt.

Setzt man den Volksentscheid verfassungsgemäß um, dann gefährdet man die Verträge mit der EU. Die Folgen für Wirtschaft, Wissenschaft, Infrastruktur wären beträchtlich. Setzt man ihn nicht um, opfert man die mit knapper Mehrheit getroffene Entscheidung der Bürger.

In Brüssel denkt man nicht daran, der Schweiz in punkto Zuwanderung entgegenzukommen. Noch Anfang September einigte sich die Politik in Bern auf einen Vorschlag, der so weit von einer Zuwanderungsbegrenzung entfernt ist, dass die EU zufrieden zu sein schien. Für viele Schweizer war der Fall klar: Man hat sich erpressen lassen, ein Stück Volkssouveränität aufgegeben. So stellen sich dem Nationalrat, der an diesem Mittwoch eine Regelung auf den Weg bringen will, unangenehme Fragen. Welchen Grundsatz gewichtet man höher? Und wie erklärt man seinen Wählern das Dilemma? Auf Verständnis der Bürger für die Probleme der EU können sie dabei nicht hoffen.

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