Schweiz und Mobutu:Millionen für den Clan

Die Schweiz muss gegen ihren Willen das Geld, das der Kleptokrat Mobutu einst dem kongolesischen Volk geraubt hat, dessen Verwandten überweisen.

Thomas Kirchner

Joseph-Désiré Mobutu war einer der schlimmsten Kleptokraten aller Zeiten. Der Diktator und seine Familie raubten das kongolesische Volk auf schändlichste Weise aus; laut Transparency International betrug Mobutus Privatvermögen fünf Milliarden Dollar. Das meiste ist verloren, doch in der Schweiz, wo Mobutu eine Villa hatte, lagern noch knapp acht Millionen Franken, als Altlast aus zwielichtigen Zeiten.

Schweiz und Mobutu: as einstige - schon vor Jahren verkaufte - Anwesen des kongolesischen Ex-Diktators Mobutu in Savigny im Schweizer Kanton Waadt.

as einstige - schon vor Jahren verkaufte - Anwesen des kongolesischen Ex-Diktators Mobutu in Savigny im Schweizer Kanton Waadt.

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Seit Jahren versucht die Berner Regierung, das gestohlene Geld den Kongolesen zurückzugeben. Nun fließt das Geld wohl tatsächlich wieder nach Afrika - allerdings an Mobutus Familie. Die Berner Regierung sieht keine rechtliche Möglichkeit mehr, das zu verhindern. Für den Finanzplatz Schweiz, der ein besseres Image gebrauchen könnte, wäre das peinlich.

An diesem Donnerstag wird die Sperre aufgehoben, mit der Bern das Vermögen des Diktators nach dessen Sturz belegt hatte. Das war 1997, und seither müht sich die Schweiz um eine Lösung mit den Nachfolge-Regierungen in der Demokratischen Republik Kongo. Kinshasa startete ein Rechtshilfeverfahren, konnte die nötigen Dokumente aber nie liefern. Auch sonst zeigten die Behörden im Kongo wenig und bald gar kein Engagement mehr, was sicher damit zu tun hat, dass der Mobutu-Clan noch viel Macht und natürlich Geld in dem Land hat. Ein Sohn Mobutus ist immerhin Minister in der Regierung von Joseph Kabila, der seinen Wahlsieg 2006 auch dem Geld der Mobutus verdankte.

Die Schweizer Regierung verzweifelte schier über die kongolesische Laschheit. Wieder und wieder trieb sie zum Handeln, verlängerte ein ums andere Mal die Kontensperre, zuletzt Ende Februar für zwei Monate. Gleichzeitig engagierte sie auf eigene Kosten einen Anwalt, der im Namen des Kongo eine Strafanzeige stellte, um ein Verfahren in Gang zu bringen. Die Schweizer Bundesanwaltschaft wies die Klage in der vergangenen Woche jedoch zurück. Etwaige in der Schweiz begangene Geldwäsche-Delikte seien verjährt.

Umkehr der Beweislast

Schweizer Finanzplatz-Kritiker sind empört über so wenig Kreativität der Justiz. Der Basler Strafrechtler Mark Pieth, Präsident des International Center on Asset Recovery, hat eine Aufsichtsbeschwerde gegen die Bundesanwaltschaft eingereicht. "Es ist beschämend, dass die Beamten keine bessere Idee haben, wie die Millionen vor dem Mobutu-Clan gerettet werden können." Er selbst hat eine: Ihm lägen Dokumente vor, die bewiesen, dass Mobutus Söhne das Erbe des Vaters weitergeführt hätten und damit eine Art kriminelle Organisation bilden würden. In diesem Fall griffe eine Anti-Mafia-Klausel des Schweizer Strafgesetzbuchs, und das Vermögen käme in die Staatskasse, von wo aus es via Scheck an Hilfsorganisationen in den Kongo transferiert werden könnte. Von der Schweizer Regierung fordert er eine weitere Verlängerung der Kontensperre.

Für Bern ist die Affäre unangenehm, weil der gute Ruf auf dem Spiel steht, den sich die Schweiz im Umgang mit den Schätzen dubioser Potentaten erarbeitet hat. 1,6 Milliarden Dollar, unter anderem aus dem Besitz des Nigerianers Sani Abacha und des philippinischen Diktators Ferdinand Marcos, hat die Schweiz bisher in die Herkunftsländer gebracht, was rechtlich nicht immer einfach war.

Was die Eidgenossen dringend brauchen, ist ein Gesetz, das auch dann greift, wenn ein beraubtes Land nicht willens oder fähig ist, das Geld seiner Schinder zurückzufordern. Die Regierung hat es kürzlich auf den Weg gebracht; es sieht vor, die Beweislast umzukehren. Inhaber dubioser Vermögen müssten künftig nachweisen, dass das Geld rechtmäßig erworben wurde. Ein Fall Mobutu dürfe sich nicht wiederholen, heißt es im Berner Außenministerium.

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