Schweden:Schwere Vorwürfe gegen die Polizei

Während eines Musikfestivals wurden Mädchen von Asylsuchenden aus Afghanistan unsittlich berührt und bestohlen. Die Polizei verschwieg offenbar die Vorfälle.

Von Silke Bigalke, Stockholm

Nach sexuellen Übergriffen auf Frauen an Silvester in Köln sind in Schweden ähnliche Vorfälle öffentlich geworden. Die Tageszeitung Dagens Nyheter berichtete, dass während eines Jugend-Musikfestivals im August Mädchen unsittlich berührt und bestohlen worden seien. In 36 Fällen erstatteten die Betroffenen Anzeige, so die Zeitung. Insgesamt 200 auffällige Teilnehmer habe die Polizei damals vom Gelände verwiesen, die Vorfälle jedoch verschwiegen. Das Festival "We are Stockholm" besuchen nach Angaben der Veranstalter jedes Jahr etwa 170 000 Menschen. 2015 meldete die Polizei lediglich, dass es angesichts der Teilnehmerzahl relativ wenige Straftaten gegeben habe. Nun wurde bekannt, dass es auch schon 2014 zu Übergriffen gekommen war.

Dagens Nyheter berichtete, dass es sich laut Polizeibericht bei einer Gruppe von etwa 50 identifizierten Verdächtigen hauptsächlich um minderjährige Asylsuchende aus Afghanistan gehandelt habe. Sie zitierte den verantwortlichen Beamten, dass die Polizei sich manchmal nicht traue, die Dinge beim Namen zu nennen, um den fremdenfeindlichen Schwedendemokraten nicht in die Hände zu spielen. Schwedens Polizeichef Dan Eliasson dementierte: Es sei nicht Aufgabe der Polizei, Rücksicht auf politische Angelegenheiten zu nehmen, sagte er der Zeitung Expressen. Er kündigte eine interne Untersuchung an. Die Behörden haben zudem nun Anklage gegen einen 15-Jährigen erhoben, der zwei Mädchen belästigt haben soll. Schwedens Ministerpräsident Stefan Löfven nannte die Vorfälle einen doppelten Verrat an den Betroffenen, erstens weil sie nicht verfolgt wurden, zweitens weil die Polizei geschwiegen habe. Die Zeitung Dagens Nyheter räumte ein, dass sie bereits im Sommer einen anonymen Hinweis auf die Belästigungen erhalten habe. Erst die Vorfälle in Köln und Kalmar hätten die Redaktion veranlasst, diesen weiter nachzugehen. Im südschwedischen Kalmar war es an Silvester ebenfalls zu Übergriffen gekommen.

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