Schwarzarbeit in der häuslichen Pflege:Nothilfe mit Nebenwirkungen

Die Versorgung von Alten und Kranken zu Hause ist kaum noch bezahlbar. Hunderttausende Familien sind daher auf illegale Billigkräfte aus Osteuropa angewiesen.

Heidrun Graupner

Er sitzt am Esstisch, tief gebeugt über ein weißes Blatt Papier und einen Rotstift. Unverwandt starrt er auf das Papier, nimmt den Rotstift in die Hand und legt ihn weg, langsam, wie in Zeitlupe. Ingenieur war er, früher, in einem anderen Leben.

Illegale Pflege

Legal können sich viele Menschen eine häusliche 24-Stunden-Pflege nicht leisten

(Foto: Foto: dpa)

Lange sitzt er so. Plötzlich fährt er sich mit den Händen durchs Haar, immer und immer wieder, ein Mensch in tiefer Verzweiflung. Anna geht zu ihm und fragt, ob er zur Toilette muss. Er nickt, fast lächelnd, entspannt.

Pflegealltag in Deutschland, ein gefährlicher Alltag. Das Reihenhaus am Rande eines Dorfes könnte überall stehen zwischen München und Kiel. Die Rumänin Anna arbeitet schwarz bei der Familie Peter, so wie es zurzeit in mindestens 100.000 Familien geschieht, niemand kennt genaue Zahlen.

Deshalb hat das Dorf keinen Namen, deshalb heißen Anna und die Familie Peter in Wirklichkeit anders, weil sich sonst die Zollfahndung einschalten, Anna abschieben und die Familie Peter anzeigen müsste. Es droht eine hohe Strafe, bis zu 500.000 Euro oder Haft bis zu drei Jahren.

Elisabeth und Karl Peter kennen das Strafmaß. Aber eine andere Wahl hätten sie nicht, sagen sie. Beide arbeiten, auch da haben sie keine andere Wahl mit vier Kindern und dem kranken Alten.

Von der Pflege aufgezehrt

Elisabeth Peters Büro liegt im Keller, sie will und muss erreichbar sein. Seit mehr als 15 Jahren pflegen sie, erst Karl Peters Mutter, dann den Vater. Die Kinder haben nie etwas anderes kennengelernt als einen Pflegehaushalt.

Den alten Mann hatte die Pflege seiner Frau aufgezehrt. Als sie starb, wurde er hinfällig, Altersdemenz und Parkinson lautet die Diagnose. Der Pflegedienst, zweimal am Tag, war keine Hilfe.

"Der Dienst war nicht da, wenn es notwendig war, und er kam, wenn wir ihn nicht brauchten", sagt Elisabeth Peter. Alle halfen, auch Nina, die älteste Tochter, 16 ist sie. Manchmal schlief sie beim Großvater und wickelte ihn nachts.

Es war schwer, ihn zu behüten. Er wollte laufen, er lief weg, und er war auch aggressiv, ein kräftiger Mann von Anfang achtzig. "Das war hart", sagt das Mädchen. Der besorgte Hausarzt riet zu einer Vermittlungsagentur für polnische Pfleger, doch die Agentur bezahlte die Männer oft nicht. Und als die Familie verreist war, gaben die Polen dem alten Mann schwere Schlafmittel und feierten Partys, ein paar Sachen fehlten danach.

Also doch ein Heim, eines ganz in der Nähe, ein neues, schönes. Die wenig schönen Dinge sah Elisabeth Peter erst später. Oft saß der Schwiegervater noch am Nachmittag vor dem kalten Mittagessen und spielte damit. Zwei Mal stürzte er und lag Stunden blutend am Boden.

Trinkkontrolle nur gegen Zusatzzahlung

Die Heimleitung verlangte, dass er fixiert werde, sonst übernehme sie keine Haftung. Zwischen Frühstück und Mittagessen erhielt er nichts zu trinken, weil er sonst zu oft zur Toilette musste. Trinkkontrolle gab es nur gegen Zusatzzahlung, die Dosis der Medikamente wurde einfach geändert, das völlig überanstrengte Personal steckte ihn um 18 Uhr ins Bett.

"Wie kann man so arbeiten?", fragt Elisabeth Peter. Anfang Januar hielt sie es nicht mehr aus und holte ihn nach Hause. Seither sind die Rumäninnen da, Anna mit dem strengen Gesicht und dem weiten Herzen, und Otilia, klein, zart, mit langen grauen Haaren. Otilia kann kaum Deutsch, schüchtern wirkt sie, so als wolle sie sich verstecken.

Zwei Hilfen seien notwendig, sagt Elisabeth Peter, einer allein seien die 24 Stunden nicht zuzumuten, auch wenn der alte Mann nicht mehr wegläuft.

Zwei Drittel der 2,1 Millionen Pflegebedürftigen in Deutschland leben zu Hause. Ohne die Familien, die sich kümmern, wäre die Pflegeversicherung seit langem bankrott. Die Regierung weiß das, sie weiß auch, dass es ohne die 100.000 illegalen Pflegekräfte aus Osteuropa anders ausschauen würde mit der Finanzlage der Versicherung und der Pflege zu Hause.

Sie kennt die vehemente Klage, dass Illegale den Deutschen die Arbeit wegnehmen. Aber es gäbe nicht weniger Schwarzarbeit, wenn die steuerliche Entlastung noch einmal aufgestockt würde. Osteuropäerinnen sind immer noch billiger. Das Problem wäre auch nicht gelöst, wenn die Söhne häufiger pflegen würden, was Familienministerin Ursula von der Leyen empfohlen hat.

"Ein heiß umkämpfter Markt"

Alte Eltern lassen sich nicht mit Babys vergleichen, auch weil sich alte Eltern vor ihren Kindern genieren, sie kommen mit Fremden eher zurecht. So schweigt die Regierung zur Schwarzarbeit, sie mischt sich nicht ein.

"Pflege ist ein heiß umkämpfter Markt", sagt Norbert Huber. Er ist Geschäftsführer der Münchner Caritas-Zentren, er macht sich große Sorgen. "Für 24 Stunden brauchen wir drei examinierte Pflegerinnen, die 45, 50 Euro in der Stunde kosten." Das seien mehr als 10.000 Euro im Monat. "Wer kann sich das leisten?"

Die Pflegeversicherung deckt nur einen Bruchteil der Kosten, für die höchste Pflegestufe III zahlt sie 1432 Euro. Es würden sogar Zwei-Zimmer-Wohnungen so umgeräumt, erzählt er, dass eine illegale Pflegerin übernachten kann.

"Die Osteuropäerinnen nehmen ein Segment weg, es ist das billigste Modell." Vielleicht kämen bald Leute aus der Mongolei, meint Huber bitter, die würden es noch billiger machen. Er versucht gegenzusteuern. "Wir müssen unsere Attraktivität erhöhen", sagt er.

Nothilfe mit Nebenwirkungen

Elisabeth Peter hatte keine Schwierigkeiten, rumänische Frauen zu finden. Ein Name oder eine Telefonnummer, die weitergereicht werden, ein Blick ins Internet, das Angebot ist groß, und es wird immer größer. Anna wurde ihr von einer Vermittlungsagentur empfohlen, mit Sitz in Bukarest und einem Kontaktmann in Deutschland.

1200 Euro sollte Elisabeth Peter der Agentur im Monat bezahlen, außerdem 200 Euro Fahrtkosten. Von den 1200 Euro wollte die Agentur 500 für sich behalten, Schulungen müssten finanziert werden, hieß es. Sie und Anna waren sich einig, dass sie den Vertrag nicht unterschreiben sollten, weil 700 Euro Verdienst zu wenig sei.

"Am Anfang hatte ich Angst"

"Ich bezahle ihr die Fahrt, die Krankenversicherung und 900 Euro", sagt Elisabeth Peter. Mittlerweile kennt sie eine Frau, die ohne Provision Rumäninnen schickt, und sie kennt auch Leute, die angezeigt wurden. "Am Anfang hatte ich Angst."

Am Anfang hat sie auch darüber nachgedacht, ob sie nicht eine Haushaltshilfe über die Bundesanstalt für Arbeit für 1100 bis 1200 Euro anstellen sollte, weil das der offizielle Weg zum osteuropäischen Arbeitsmarkt ist für Familien, die pflegen.

"Die Frauen dürfen nur 38,5 Stunden in der Woche arbeiten, und sie dürfen nicht pflegen, was soll ich damit", meint sie. Viele denken so, 2005 hat die Bundesagentur nur 1668 Frauen vermittelt, im ersten Halbjahr 2006 waren es 1317.

Und Anna lehnt einen solchen Job ab. Nach Abzug aller Steuern und Abgaben würden ihr weniger als 600 Euro bleiben. "Der deutsche Staat nimmt viel Geld, es bleibt mir nichts in der Hand. Der Staat gibt mir nie eine Rente."

Ein fast fehlerfreies Deutsch spricht Anna, Siebenbürger Sächsin ist sie. Seit drei Monaten arbeitet sie bei der Familie Peter, bald wird sie für drei Monate nach Hause fahren, zu ihrem Mann und den drei erwachsenen Kindern, zum Sohn, der behindert ist.

Fatale Folgen durch falsches Wickeln

Seit fünf Jahren arbeitet Anna in Deutschland, schwarz. Als die Fabriken in ihrer Stadt Pleite gingen, wurde sie arbeitslos, in den neuen Fabriken bekam sie keine Stelle, sie ist über 50. Ihrem Mann ging es nicht anders. Der Pfarrer schickte Anna als Pflegerin nach Deutschland.

"Ich kam nach 30 Stunden an, niemand war da, und ich wusste nichts. Wie man da zittert." Schwer sei es hier für einen Ausländer. "Die Frauen können kein Deutsch, und sie brauchen oft selbst Hilfe."

"Wenn ein Mensch falsch gepampert wird, dann kann das fatale Folgen für ihn haben." Bernd Meurer wird nicht müde, die möglichen Folgen der Schwarzarbeit auszumalen und zu fordern, die Strafverfolgungsbehörden müssten konsequent einschreiten.

Meurer ist Präsident des Bundesverbandes privater Pflegedienste, und er zieht seit Jahren zornig durchs Land, weil die illegalen Billigkräfte den privaten Diensten die Kunden wegnehmen.

Er kritisiert das Schweigen der Politik, warnt vor schlechter Pflege, vor dem Niedergang der Profidienste und Heime, als würden dort nie Hilfskräfte arbeiten. Von Sozialbetrug und Steuerhinterziehung spricht er, auch von Ausbeutung der osteuropäischen Frauen, und er hat T-Shirts mit der Aufschrift "Illegal ist asozial" verteilen lassen.

Der Schock beim Rechnen

Meurer ist davon überzeugt, dass vor allem ein Mittel gegen die Schwarzarbeit helfen könne: mehr Geld im Pflegesystem. "Wir müssen Angebote schaffen, und wenn sie 10.000 Euro kosten, dann kosten sie eben 10.000."

Es werde geduldet, dass polnische oder rumänische Frauen Dumpinglöhne erhielten, klagt er, und gleichzeitig sage man, deutsche Pflegekräfte müssten endlich besser bezahlt werden, ein Widerspruch. "Die Kosten der Pflege sind ein gesellschaftliches Problem. Wir können das nicht mit Schwarzarbeit lösen."

Schwarzarbeit sei ein Zeichen, dass ein Notstand herrsche, stellte der Paritätische Wohlfahrtsverband fest. Pflege lasse sich legal nicht mehr bezahlen, sagte im Oktober vergangenen Jahres die Darmstädter Richterin Dietlinde King, als sie ein Schleuserehepaar zu einer milden Strafe verurteilte.

Von horrenden Missständen sprach sie, die zur Schwarzarbeit führten. "Wir bringen es nicht fertig, unsere Alten angemessen zu pflegen." Die Alternative dürfe nicht sein, Hilfebedürftige sich selbst zu überlassen oder ins Heim abzuschieben.

Die Not der Familien heizt die Geschäfte an, ein grauer Markt hat sich neben dem schwarzen etabliert. Vermittlungsagenturen werben für Pflegerinnen aus Osteuropa, die Frauen seien im Heimatland angestellt und versichert, Dienstleistung sei das, "alles ist legal".

"Nicht alles Wischi-Waschi"

Bernd Meurer hat da seine Zweifel, "es ist alles Wischi-Waschi, weil nur die Dienstherrn in Polen oder Rumänien und nicht die deutschen Familien Weisungen erteilen dürften. Die Arbeitszeiten des Heimatlandes müssten eingehalten werden, und die dauerten nirgendwo 24 Stunden am Tag.

Außerdem müsse die Bundesagentur für Arbeit die Vermittlung genehmigen. Die Ministerien in Berlin erklären das nicht so genau wie Meurer, das Arbeitsministerium verweist auf das Gesundheitsministerium, das Gesundheitsministerium auf das Arbeitsministerium.

Nothilfe mit Nebenwirkungen

"Ich arbeite legal, davon bin ich überzeugt", sagt Irmgard Schmalbach. Kooperationspartnerin der Agentur promedica24 nennt sie sich, für die Agentur sucht sie in und um München Kunden, schließt Verträge, kontrolliert die Pflege, dafür bekommt sie Provisionen.

"Ich bin nicht der Vertragspartner, das ist die Agentur", die Leute seien in Polen angestellt, "es sind Pflegekräfte und keine Haushaltshilfen." Wie viel die Frauen verdienen, weiß sie nicht. "Ich bin nur verantwortlich dafür, dass alles läuft, für die Kunden und die Pflegerinnen."

Seit Oktober hat die Sozialpädagogin den Job, und noch ist ihr Einkommen nicht üppig, weil sie erst fünf bis sechs Kunden hat. Sie hat investiert, 10.000 Flyer drucken lassen und Anzeigen geschaltet. Pflege in zwei Preisklassen bietet die Agentur an: Standard mit 49 Euro am Tag für leichtere Fälle, die Polinnen, die dann kommen, sind Laien und können kaum Deutsch.

Ungewaschen und unrasiert

Gut ausgebildete Frauen werden zu schwer Pflegebedürftigen geschickt, für 72 bis 81 Euro. Das sei nicht billig, meint Irmgard Schmalbach, doch es müssten ja alle verdienen, die Agentur, die Frauen und sie selbst.

Die Altenpflegerin Karin Baunacher weiß, dass sie weder gegen den grauen noch gegen den schwarzen Markt eine Chance hat, jedenfalls finanziell. 15 ausgebildete Angestellte arbeiten in ihrem privaten Pflegedienst in München, 40 Euro kostet die Stunde, 24-Stunden-Dienste bietet sie nicht an.

"Unsere Situation interessiert niemanden", sagt sie. "Ich möchte Schwarzarbeit nicht verurteilen, ich werde auch nie jemanden denunzieren, aber sie ist ein Zeichen der Gesellschaft, selbst Ärzte empfehlen sie." Und sie erzählt, wie die Familien erschrecken, wenn sie ihnen vorrechnet, was allein die Versorgung in der Pflegestufe II kostet: Anfahrt, Grundgebühr, waschen, mobilisieren, eine kleine Mahlzeit zubereiten, nur dies summiert sich im Monat auf 1089,34 Euro.

Schwarzarbeit sei zu verstehen, aber sie dürfe nicht zu Lasten der solidarischen Versicherung gehen, die Qualität sichern solle. "Wenn man die Schwarzarbeit duldet, dann ist die Versicherung gescheitert."

Von Qualität sprechen auch die Frauen der Münchner Caritas, sie erzählen von Illegalen in den Wohnungen und wie oft es vorkomme, dass Patienten ungewaschen und unrasiert im Bett lägen und die Betreuerin fernsehe.

Im Februar kam niemand - eine Katastrophe

Sie machen die Billig-Konkurrenz aus Osteuropa nicht nur schlecht, manche arbeiteten aufopferungsvoll, sagen sie. Probleme aber blieben, das fehlende Deutsch zum Beispiel oder die offene Frage, wer was getan hat und wer für Fehler verantwortlich ist.

Das Haus der Familie Peter ist ein Haus der Kinder. In der Diele sind Anoraks in allen Größen aufgetürmt, im Wohnzimmer liegt Spielzeug herum, dazwischen ein Hund, zwei Vögel, drei Kaninchen und 40 Fische.

Abends sitzt die um zwei Pflegerinnen erweiterte Großfamilie um den Tisch, sie duzen sich, essen zusammen und reden, ein friedliches Bild. "Das Leben hat sich sehr verändert", sagt Elisabeth Peter, "schon allein, weil alle drei Monate jemand Fremdes kommt."

Im Februar kam niemand, entgegen aller Versprechen, auch das war eine Katastrophe. Manche Frauen sind ein Glücksfall wie Anna, andere haben wenig Ahnung, wie man pflegt, eine war krank und brauchte selbst Pflege.

In jeder Beziehung hat sich das Leben verändert, "es ist ein Haus, in dem die Intimsphäre verletzt ist", sagt Elisabeth Peter. Niemand kann sich gehen lassen. Die Kinder vermissen die Gespräche mit den Eltern, vor Anna und Otilia wollen sie nicht reden. "Wir gehen dann woanders hin, raus aus dem Haus."

Nicht nur die Kinder brauchen Gespräche, auch Anna, "man kann sich nicht abschotten, man muss Nähe zulassen." Und manchmal fragt sich Elisabeth Peter nach einem Tag mit Arbeit, Kindern, Pflege und Pflegerinnen: "Warum tue ich mir das an?"

Rache per Todesanzeige

"Der Bürger muss selber schauen, wie er klar kommt", sagt Claus Fussek. Jeder Regierung fehle der Mut, sich mit der Pflegelobby anzulegen und etwas zu ändern. Der Münchner Pflegeexperte hat sich oft mit der Lobby angelegt, er hat gesagt, dass man auf die Illegalen nicht verzichten könne, solange es keine bezahlbare Tagesbetreuung gebe.

"Eine Chance wäre, wenn Pflegedienste und Illegale zusammenarbeiten." So manche in der Pflegeszene haben ihm solche Sätze übelgenommen, vor einem halben Jahr bekam er seine eigene Todesanzeige zugeschickt. "Ein großer Menschenhändler und Wichtigtuer, die Welt ist reicher ohne ihn" stand darauf, und Fussek war doch sehr erschrocken.

So viel Aggressivität kann er nicht verstehen, und auch nicht, dass alten Menschen und ihren Familien die Zollfahndung ins Haus geschickt wird. Viele sagen zwar, man dürfe Familien in diesem moralischen Dilemma nicht kriminalisieren.

Doch es geschieht. Fussek hat Briefe von verzweifelten Menschen, bei denen die Zollfahndung vor der Türe stand. Ein Sohn konnte nicht begreifen, dass die alte Mutter verhört und in ein Heim gebracht werden sollte und die Polin abgeschoben wurde.

Anna erwähnt das Thema Abschiebung nie. Sie erzählt anderes, zum Beispiel, dass Familie Peter sehr viel Verständnis habe, und dass sie zweimal von einer Stelle weggelaufen ist. "Man hat mich als Sklaven behandelt." Mann und Kinder durfte sie nicht anrufen, das Essen wurde zugeteilt, ein Spiegelei zu braten war verboten.

Suche nach Auswegen

Es habe aber auch andere gegeben, eine Patientin habe sie so aufgenommen, dass sie sich wie zu Hause gefühlt hat. Als sie starb, "ging etwas aus meiner Seele fort von mir". Doch das sei Glück, "wir haben keinen Schutz".

Einige Verbände suchen nach Auswegen aus dieser unerträglichen Situation, auch Norbert Huber von der Münchner Caritas. Die Arbeit einer Kinderdorf-Mutter ließe sich vergleichen mit der Arbeit einer Frau, die 24 Stunden lang für einen alten Menschen da sei, sagt er, denn Fachpflege sei nicht rund um die Uhr notwendig.

Man könnte also für rumänische Frauen Tarife schaffen wie für Kinderdorf-Mütter. "Zwischen legaler und illegaler Pflege stünden dann nur 500 Euro, und viele wollen es legal." Mit der Caritas in Rumänien wurde geredet, ein 400 Seiten langes Dossier liegt vor. "Theoretisch steht der Plan."

Huber ist trotzdem nicht froh, man sei noch nicht über die Hürde. "Moralisch ist der Plan sehr bedenklich. Darf man Frauen aus Rumänien holen, wo es doch hier genügend Arbeitslose gibt?"

Elisabeth Peter glaubt nicht, dass jemand sie anzeigen würde. "Doch wenn es passiert, passiert es eben." Dann will sie verlangen, dass der alte Mann eine Pflege erhält, die ebenso gut, ebenso finanzierbar und ebenso menschlich ist. "Etwas anderes werde ich nicht hinnehmen. Alle wissen, in welcher Lage wir sind."

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