Schwarz-Grün oder Schwarz-Rot:CDU stellt sich auf zweite Sondierung mit Grünen ein

Schwarz-Grün oder Schwarz-Rot: CDU/CSU-Fraktionschef Kauder stellt sich auf ein zweites Sondierungsgespräch mit den Grünen ein

CDU/CSU-Fraktionschef Kauder stellt sich auf ein zweites Sondierungsgespräch mit den Grünen ein

(Foto: AFP)

Die CDU will die Sondierungsgespräche mit dem Grünen mit der gleichen Energie vorantreiben wie mit der SPD. Wahrscheinlich soll es auf Bundesebene nicht bei einem Gespräch zwischen der Unions-Delegation und der Grünen-Spitze bleiben. Die Parteifreunde in Hessen machen es vor: Bei einem ersten Treffen in Wiesbaden wurde am Abend schon ein zweites vereinbart.

Die Union stellt sich offenbar darauf ein, auch mit den Grünen ein zweites Sondierungsgespräch über die Bildung einer Regierung zu führen. CDU/CSU-Fraktionschef Volker Kauder habe diese Einschätzung in der Sitzung des Fraktionsvorstands am Montag gegeben, hieß es aus Teilnehmerkreisen.

Unklar ist bisher, wann genau ein solches zweites Treten stattfinden könnte. An diesem Donnerstag treffen sich die Unterhändler der Union erstmalig mit einer Abordnung der Grünen. Kommenden Montag werden Union und SPD zu einem zweiten Gespräch zusammenkommen

Kauder äußerte sich damit ähnlich wie CDU-Gerneralsekretär Hermann Gröhe, der zuvor ebenfalls gesagt hatte, dass man die Verhandlungen mit den Grünen "in gleicher Weise ernst" nehme wie jene mit der SPD.

Gröhe ging sogar noch etwas weiter: Zum wiederholte Male lobte er die Grünen für ihre realistische Einschätzung des Wahlergebnisses. Sowohl das Wahlprogramm der SPD als auch das der Grünen sei sehr weit von den Zielen der Union entfernt. Das werde bei den Grünen aber öffentlich selbstkritischer kommuniziert als bei der SPD.

"Konstruktives Gespräch" in Hessen

Einen Schritt weiter sind bereits die Parteifreunde in Hessen: Drei Tage vor der ersten schwarz-grünen Sondierung im Bund trafen sich am Abend in Wiesbaden CDU und Grüne zu einem Gespräch - und vereinbarten für den 15. Oktober ein zweites Treffen. Der CDU-Landesvorsitzende und Ministerpräsident Volker Bouffier sprachvon einem "konstruktiven Gespräch". Alle Beteiligten seien "mit großer Ernsthaftigkeit bei der Sache", ergänzte der Grünen-Landesvorsitzende Tarek Al-Wazir.

Beide verneinten aber, dass eine Vorentscheidung über die Regierungsbildung gefallen sei. Bei einem zweiten Gespräch wollen CDU und Grüne "intensiver in einzelne Arbeitsfelder hineingehen", wie Bouffier sagte. Am Mittwoch sondieren Union und SPD in Hessen zum zweiten Mal.

Auf Bundesebene soll nach dem Willen Gröhes bereits kommende Woche Klarheit herrschen, mit wem die CDU/CSU konkrete Koalitionsverhandlungen aufnimmt. Der CDU-Generalsekretär betonte außerdem, es würden nur mit einer Partei Koalitionsverhandlungen geführt. Parallelverhandlungen mit SPD und Grünen werde es nicht geben.

Für Verwirrung sorgte ein Bericht der Bild-Zeitung, wonach es am Freitag zu einem Spitzentreffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel, dem CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer und SPD-Chef Sigmar Gabriel kommt. Gröhe dementierte die Meldung ausdrücklich nicht. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sagte allerdings: "Es gibt keine Verabredung für ein solches Treffen am Freitag."

SPD-Politiker Kahrs verärgert Parteifreunde mit Postendiskussionen

Die Sozialdemokraten machen derweil immer mehr deutlich, wo sie sich Kompromisse vorstellen können - und wo nicht. Ein zentraler Punkt, über den die SPD nicht mit sich reden lassen will, ist Parteichef Sigmar Gabriel zufolge die Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns. Dass dies eine Bedingung sei, "ist doch jedem klar", sagte er am Sonntagabend im Bericht aus Berlin der ARD. Zudem würde er eine SPD-Regierungsbeteiligung der Oppositionsbank vorziehen. "Es geht darum, sozialdemokratische Politik durchzusetzen - und nicht sozusagen sich wohlzufühlen in der Opposition."

Der Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises in der SPD, Johannes Kahrs, nannte noch eine andere Bedingung für eine große Koalition. Ein Bündnis mit der Union gebe es "nur auf Augenhöhe und nur, wenn wir das Finanzministerium bekommen", sagte er der Welt. Das Finanzressort sei das einzige mit Vetorecht gegenüber dem Kanzleramt. "Deshalb ist es für uns nicht verhandelbar."

Kahrs Vorpreschen scheint mit der Partei allerdings nicht abgestimmt zu sein, wie kritische bis spöttische Reaktionen zeigen. "Einige haben nach dem anstrengenden Wahlkampf offenbar einen Erholungsurlaub dringend nötig", sagte der saarländische SPD-Chef Heiko Maas Spiegel online. Es gehe jetzt um inhaltliche Positionen, nicht um Posten. "Wer das nicht kapiert, hat den Schuss nicht gehört", so Maas.

Der schleswig-holsteinische SPD-Vorsitzende Ralf Stegner sagte: "Für ein paar Ministerposten darf die SPD ihr politisches Gerechtigkeitsprofil nicht aufgeben." Wer öffentlich über Posten schwadroniere, gefährde die Mitgliederzustimmung zu einer möglichen Koalition mit der Union. Beinahe noch schärfer äußerte sich Generalsekretärin Andrea Nahles: "Johannes Kahrs spricht nicht für die SPD. Im Zweifel spricht er nur für sich selbst."

SPD bringt Alternativen für Steuererhöhungen ins Spiel

Beim Thema Steuern, das bisher als einer der größten Streitpunkte galt, deuteten die Sozialdemokraten am Wochenende Gesprächsbereitschaft an. In mehreren Interviews betonte SPD-Chef Gabriel, die von seiner Partei im Wahlkampf geforderten und von der Union strikt abgelehnten Steuererhöhungen seien kein Selbstzweck. CDU und CSU müssten aber Vorschläge machen, wie wichtige Zukunftsinvestitionen in Bildung und Infrastruktur auf anderem Weg zu bezahlen seien.

Stegner brachte bereits konkrete Alternativen ins Spiel. "Wenn man auf das unsinnige Betreuungsgeld verzichtet, gibt es finanziellen Gestaltungsspielraum", sagte Stegner der Passauer Neuen Presse. "Bei flächendeckenden Mindestlöhnen und entsprechendem Lohnniveau spart der Staat jährlich Milliarden Euro Steuergelder, die jetzt noch für die Aufstockung von Niedriglöhnen ausgegeben werden müssen." Ob diese Vorschläge für die Union ein akzeptabler Weg sind, erscheint allerdings fraglich.

Die CDU verweist vor den neuen Koalitionssondierungen auf die Schuldenbremse im Grundgesetz. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) geht davon aus, dass mehr Ausgaben für Bildung und Infrastruktur auch ohne höhere Abgaben möglich sind. "Dieses Land hat einen gesamtstaatlichen Überschuss. Bei einem vernünftigen Haushaltsgebaren ist unser Staat gut zu finanzieren", sagte er der Wirtschaftswoche.

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