Schwarz-gelber Schattenhaushalt:Sorge, Skepsis, Knatsch

Die Debatte um einen Sonderfonds macht Union und FDP nervös: Die künftigen Koalitionäre fürchten das Veto des Verfassungsgerichts - und beginnen damit, sich gegenseitig die Schuld am horrenden Minus zu geben.

Der von den künftigen Koalitionären CDU, CSU und FDP geplante Nebenhaushalt sorgt für Unruhe im schwarz-gelben Lager.

Die Verhandlungsführer haben Bedenken, ob der Haushaltskniff einer Prüfung des Bundesverfassungsgerichts standhalten wird, berichtete die Frankfurter Rundschau. Demnach wollten die Parteispitzen eine Niederlage in Karlsruhe in jedem Fall vermeiden. Deshalb hätten sie die Experten in Kanzleramt und Bundesinnenministerium´beauftragt, eine verfassungskonforme Begründung zu finden. Falls das nicht gelinge, müsse umgedacht werden.

Der erwogene Schattenhaushalt zum Ausgleich der Defizite bei den Sozialversicherungen könnte die Neuverschuldung des Bundes in diesem Jahr massiv in die Höhe treiben. In den als Sonderfonds bezeichneten Schattenhaushalt wollen laut Bild Union und FDP noch 2009 bis zu 60 Milliarden Euro auslagern. Ein dafür nötiger dritter Nachtragshaushalt werde die Neuverschuldung - bisher knapp 50 Milliarden Euro - heuer auf fast 90 Milliarden Euro steigern.

Nervöse Polit-Partner

Diese Entwicklung macht die designierten Polit-Partner nervös - vorsorglich machen sie sich bereits gegenseitig für das große Miesemachen verantwortlich. Der FDP-Haushaltspolitiker Otto Fricke gab CDU und CSU die Schuld. Nach Bild-Angaben klagte er in einer FDP-Fraktionssitzung: "Die Union hat keinen einzigen Sparvorschlag gemacht."

Fricke sagte, ohne den Schattenhaushalt müssten die Beitragssätze für die Sozialversicherungen steigen. Die FDP lege Wert darauf, dass das Sondervermögen Bestandteil des Haushaltsplans werde. "Damit handelt es sich auch nicht um einen Schattenhaushalt", sagte Fricke.

Im Video: Spitzenvertreter von Union und FDP haben den geplanten Sonderfonds zur Deckung der Defizite in den Sozialversicherungen am Mittwoch gegen Kritik verteidigt.

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Der Vorsitzende der Jungen Gruppe im Bundestag, Marco Wanderwitz (CDU), wurde mit den Worten zitiert, üppige Steuersenkungen auf Pump seien in der Krise problematisch. "Denn das geht alles auf Kosten der jüngeren Generation. Die FDP sollte sich endlich dieser Realität stellen."

Neben beißender Kritik von der SPD an dem Schattenetat und negativen Kommentaren aus der Privatwirtschaft, werden auch die ablehnenden Stimmen aus der Union lauter.

CDU-Haushaltsexperte Oswald Metzger sprach in der Frankfurter Rundschau von einem organisierten Selbstbetrug und einer absurden Veranstaltung. Er wundere sich über seine Parteifreunde. Zumindest die Haushaltspolitiker seien sich im Nein zu Schattenhaushalten stets einig gewesen.

Warnung von JU und Bundesländern

Auch in der Jungen Union zweifelt man an der sich abzeichnenden massiven Erhöhung der Nettokreditaufnahme. "Wir dürfen nicht die Schulden vor uns hertragen. Es muss klar sein, wer die Zeche am Ende zahlt. Das dürfen nicht die künftigen Generationen sein", sagte Junge-Union-Chef Philipp Mißfelder (CDU) der Bild-Zeitung.

In den unionsgeführten Ländern war schon zuvor Widerstand laut geworden. Die Schuldenbremse im Grundgesetz diene dem Zweck, die Politik des Schuldenmachens zu begrenzen und liege "nicht darin, die Schulden vor sich selbst zu verstecken", sagte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) dem Tagesspiegel.

Zuvor hatten schon der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff und sein baden-württembergischer Kollege Günther Oettinger (CDU) eindringlich vor Steuersenkungen auf Pump gewarnt.

Der Chef der rheinland-pfälzischen CDU, Christian Baldauf, lehnte es im SWR ab, "mit dem Ziel neuer Schulden einen Sonderfonds aufzulegen".

Skepsis auch in Wiesbaden: Der hessische Ministerpräsident Roland Koch sei "äußerst besorgt über die Vorstellungen von FDP und CSU", berichtete die Frankfurter Rundschau. Er fürchte, dass die geplanten massiven Steuersenkungen "tiefe Löcher in die öffentlichen Haushalte reißen", zitierte die Zeitung Quellen aus dem Umfeld der hessischen Staatskanzlei.

Die FDP kritisierte die Haltung Kochs. Der Ministerpräsident "hat sich an sonnigen Tagen gern auf der Seite der marktwirtschaftlichen Vernunft gezeigt", sagte Niebel dem Wiesbadener Kurier. Deshalb solle er jetzt "nicht vergessen, dass spürbare Steuerentlastungen gerade dann geboten sind, wenn die Konjunktur wieder angeschoben werden muss".

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