Schuldenkrise:Noch eine Frist für Tsipras

Beim Sondergipfel umgehen die Gläubiger eine Entscheidung. Merkel: Es muss noch "unglaublich konzentriert" gearbeitet werden.

Von Cerstin Gammelin und Alexander Mühlauer, Brüssel

Die Staats- und Regierungschefs aus 18 Euro-Ländern haben dem griechischen Regierungschef Alexis Tsipras auf dem Sondergipfel am Montagabend in Brüssel eine letzte Frist eingeräumt, um akzeptable Reformvorschläge vorzulegen. Die Runde einigte sich darauf, als Haushaltsziel für dieses Jahr ein Prozent Primärüberschuss anzuzielen und für kommendes Jahr zwei Prozent. EU-Ratspräsident Donald Tusk hatte die Staats- und Regierungschefs eingeladen, damit alle gemeinsam Tsipras erklärten, dass eine Einigung zwischen dem hoch verschuldeten Land und den Kreditgebern nur zustande kommen könne, wenn sich zuvor technische Experten und Minister einigten. Die Idee des Treffens sei es gewesen, "Tsipras die Illusion zu nehmen, ein günstigeres Ergebnis auf einem Gipfel aushandeln zu können", hieß es in Tusks Umfeld. Erst wenn dies klar werde, sei es möglich, "einen besseren Deal unter den Ministern zu bekommen". Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte nach Ende des Treffens, es habe sich um einen "Beratungsgipfel" gehandelt. Die neuen griechischen Vorschläge seien ein "guter Ausgangspunkt", um eine Einigung zu erzielen. Sie hoffe, dass das bis Mittwochabend gelingen werde. Dann könnten die Euro-Finanzminister auf einem weiteren Sondertreffen eine Reformliste beschließen. Merkel betonte, dass die Staats- und Regierungschefs über "keinerlei Verlängerungsszenerien" gesprochen hätten. "Wir haben über kein drittes Programm gesprochen." Sie bekräftigte, dass die Frage der Schuldentragfähigkeit Griechenlands geklärt werden müsse. "Die Finanzierbarkeit muss geklärt werden", sagte die Kanzlerin. Vor dem Gipfel hatte sie darauf hingewiesen, es gebe noch "viele Tage Zeit, um gegebenenfalls eine Entscheidung zu treffen". Sie bezog sich offenbar darauf, dass am Donnerstag der nächste reguläre EU-Gipfel beginnt. Sie wiederholte, die Bundesregierung leiste Solidarität nur im Gegenzug zu Eigenanstrengungen. "Das sind zwei Seiten ein und derselben Medaille." Dem Sondergipfel gingen am Montag viele Gespräche voraus. Vormittags traf Tsipras die Vertreter der Institutionen (EU-Kommission, Europäische Zentralbank, Internationaler Währungsfonds) und Euro-Gruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem. Am Mittag berieten die Euro-Finanzminister. Dijsselbloem erklärte, die neuen Vorschläge Athens seien erstmals umfassend gewesen und positiv aufgenommen worden. Sie könnten Basis einer Vereinbarung diese Woche sein, so der niederländische Finanzminister. Es sei noch unklar, ob das neue Angebot aus Athen genüge. Tusk lobte Athens Pläne als "erste echte Vorschläge seit vielen Wochen". Griechenland ringt seit Monaten mit den Gläubigern. Es geht um Reformzusagen, die Voraussetzung für die Auszahlung von 19 Milliarden Euro sind.

Die EZB erhöhte am Montag erneut die Nothilfen für griechische Banken. Die Summe wurde nicht bekannt. Allein vergangene Woche wurden laut Notenbankkreisen in Griechenland sechs Milliarden Euro von Konten abgehoben. Bislang erlaubte die EZB der griechischen Zentralbank, Notkredite von fast 87 Milliarden Euro zu vergeben.

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