Schuldenkrise:Demonstranten legen Griechenland lahm

Der Müll türmt sich in den Straßen, Schulen haben geschlossen und Ministern wird der Zugang zu ihren Büros verwehrt: Die Griechen treten in den Generalstreik. Premier Giorgos Papandreou spricht von der "kritischsten Woche" für das Land und die Euro-Zone. Doch nicht nur im öffentlichen Leben herrscht Stillstand, auch dem Parlament droht eine Blockade.

Christiane Schlötzer

Griechenland ist seit Dienstag im Ausnahmezustand. Demonstranten haben in Athen die Eingänge zahlreicher Regierungsbehörden blockiert. Sie ließen selbst Minister nicht in ihre Büros. Viele Behörden können nicht mehr arbeiten. Für Mittwoch und Donnerstag haben die größten Gewerkschaften des Landes zum Generalstreik aufgerufen.

Auch Seeleute und Fluglotsen wollen in den Ausstand treten, dazu die Fahrer von Bussen, U-Bahnen und Taxis. Es gibt keine Zeitungen, weil auch Journalisten streiken. Viele Schulen machen dicht, Richter gehen in Bummelstreik.

Premier Giorgos Papandreou sprach von der "kritischsten Woche für Griechenland und die Euro-Zone". Sein Land benötige jetzt Eintracht, damit beim EU-Gipfeltreffen am Sonntag das "bestmögliche Ergebnis" herauskomme, mahnte er seine Landsleute. Die Warnung verhallte am Dienstag weitgehend ungehört. Die Regierung zeigte sich nur eingeschränkt arbeitsfähig.

Ein griechischer Journalist berichtete, sein Treffen mit einem Minister habe im Nationalgarten neben dem Parlament stattfinden müssen, weil Demonstranten den Eingang des Ministeriums besetzt hielten. Protestierende hatten auch den Zugang zum Büro der EU-Task-Force blockiert, die Griechenlands Verwaltung modernisieren helfen soll. Die Regierung wollte der Staatsanwaltschaft eine Liste der belagerten Gebäuden übergeben.

Auch das Parlament könnte am Donnerstag blockiert werden, wenn die oppositionellen Kommunisten (KKE) eine entsprechende Drohung wahr machen. Die Abgeordneten sollen dann über das neue, drastische Sparpaket der Regierung abstimmen. Die Mehrheit ist hauchdünn, und auch in der regierenden Pasok-Partei gibt es deutliche Risse. Das Sparpaket ermöglicht erstmals seit hundert Jahren die Entlassung von Beamten. Es ist Voraussetzung für weitere Hilfen der EU für das hoch verschuldete Griechenland.

Gerichte über Regierungsumbildung

Am Dienstag hielten sich in Athen Gerüchte, dass Papandreou - wie schon im Juni - dem konservativen Oppositionsführer Antonio Samaras noch vor der Abstimmung die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit anbieten könnte. Damals hatte der Premier dies sogar mit der Möglichkeit seines Rücktritts verbunden.

Samaras und seine Nea Dimokratia (ND) aber lehnten eine Koalition ab. Die ND hat sich bislang weitgehend kompromisslos gegenüber der Regierung gezeigt. Sie hat eigene Vorschläge zur Staatssanierung gemacht und sich vor allem gegen die Steuererhöhungen ausgesprochen, die Teil des Pasok-Pakets sind.

30.000 Tonnen Müll in den Straßen Athens

Auf den Straßen der Hauptstadt Athen und auch in der zweitgrößten Stadt Thessaloniki türmt sich unterdessen der Müll zu stinkenden Bergen. 30.000 Tonnen Abfall sollen es allein in Athen sein. Dies stellt nach Ansicht der Gesundheitsbehörde "eine Bombe" dar. Die Regierung will die Müllarbeiter nun dienstverpflichten.

Bislang ist es ihr auch mit Hilfe der Justiz nicht gelungen, die ebenfalls blockierte Athener Mülldeponie wieder zu öffnen. Auf die Anwendung direkter staatlicher Gewalt hat die Regierung jedoch verzichtet - offenbar, um die Demonstranten nicht weiter zu reizen.

ND-Chef Samaras zeigte sich jüngst wenig zimperlich gegen Kritiker. Er warf kurzerhand den Chef der Taxi-Vereinigung von Attika aus seiner Partei. Der hatte zuvor den Vorsitzenden der Sozialversicherung offen bedroht.

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