Schröder bei Stoibers:"Servus, Herr Bundeskanzler"

Privat-Gipfel in Wolfratshausen: Gerhard Schröder besucht seinen früheren Erzrivalen Edmund Stoiber - und plaudert darüber "Wie's war, und wie's weitergeht".

Oliver Das Gupta

In den Wochen, als die große Koalition ausgehandelt wurde, muss es gefunkt haben. Drei Jahre nachdem sich Gerhard Schröder und Edmund Stoiber einen harten Wahlkampf um die Kanzlerschaft geliefert hatten, ließen sie im November 2005 verlauten: Der Rote will den Schwarzen in Bayern besuchen und mit ihm gemeinsam einen Gipfel erklimmen.

Gute Laune: die beiden früheren Erzrivalen Gerhard Schröder (li.) und Edmund Stoiber bei ihrem Treffen in Wolfratshausen

Gute Laune: die beiden früheren Erzrivalen Gerhard Schröder (li.) und Edmund Stoiber bei ihrem Treffen in Wolfratshausen

(Foto: Foto: Getty)

Die geplante Bergtour kam zwar bislang nicht zustande, dafür heute allerdings ein Gipfeltreffen der besonderen Art. Der Altkanzler kam ins oberbayerische Wolfratshausen - um mit den im Städtchen an der Loisach regierenden Genossen das hundertste Gründungsjubiläum des SPD-Ortsvereins zu feiern. Stoiber erfuhr davon und lud Schröder kurzerhand in sein Eigenheim ein.

Ohne Blumen, aber mit Lob und Komplimenten

Anders als das legendäre Frühstück im Januar 2002, bei dem CDU-Chefin Merkel Stoiber die Kanzlerkandidatur angetragen hatte, war das Stoiber-Schröder-Treffen alles andere als geheim. Im Gegenteil -der Privat-Gipfel der beiden Mittsechziger wurde zum großen Tamtam: Geschätzte 60 Journalisten und Schaulustige hatten sich vor der Doppelhaushälfte eingefunden, als der Niedersachse ("Hoffentlich (gibt es) ein warmes Essen, ordentlich gekocht") erschien.

Stoiber - leger in Jeans und ohne Krawatte - konnte seinen hungrigen Gast beruhigen ("Weißwurst, Leberkäs und Tafelspitz hab ich"), Ehefrau Karin begrüßte ihn mit den Worten: "Servus, Herr Bundeskanzler."

Schröder kam zwar ohne Blumen für die Dame des Hauses, gratulierte aber seinem früheren Erzrivalen artig zu dessen künftigem Job als Bürokratie-Bekämpfer im EU-Auftrag.

"Ein Null-Dollar-Job", betonte der CSU-Chef, der auf Druck seiner Partei Ende September seine Spitzenämter abgibt. "Das ist der Unterschied zwischen uns. Ich kann es mir nicht leisten, umsonst zu arbeiten", witzelte Schröder. Er könne Stoiber keine Tipps für den Ruhestand geben, schob der Kanzler a. D. nach. "Das muss jeder für sich selbst entscheiden."

Vermutlich wird Schröder doch den einen oder anderen Rat gegeben haben, schließlich habe man sich darüber unterhalten, "wie's war, und wie's weitergeht", sagte Stoiber nach dem 90-Minuten-Treffen.

Warum ausgerechnet die einstigen Antipoden Stoiber und Schröder sich so gut verstehen, hatte der Bayer einmal mit der "Generationengemeinsamkeit" erklärt.

Dabei flogen zwischen beiden durchaus die Fetzen: So bezeichneten sich Schröder und Stoiber 2004 im Streit um eine Verlegung des Nationalfeiertages gegenseitig als "hirnrissig". Und ein Jahr später kritisierte Stoiber scharf das Engagement Schröders beim deutsch-russischen Konsortium zum Bau der Ostsee-Erdgasleitung.

Die Wortgefechte von damals schienen heute vergessen. Stoiber erklärte gewohnt verschwurbelt, in den politischen Auseinandersetzungen haben beide "nie den gegenseitigen Respekt tangiert".

Sichtlich erfreut kündigte der Noch-Landesvater das nächste Treffen der beiden für die Weihnachtszeit an, Schröder habe ihn nach Hannover eingeladen.

Der lobte noch das "wunderbare Essen", er habe selten so gut gegessen. Bevor es Richtung Bierzelt zu den wartenden Genossen ging, hatte Schröder noch einen Seitenhieb für die Becksteins, Hubers und sonstigen Stoiber-Nachfolger parat.

"Das war Bundesliga", sagte der Sozi mit Blick auf den scheidenden Ministerpräsidenten und CSU-Chef, "und was jetzt in Bayern kommt, ist bestenfalls Kreisliga".

Stoiber sagte, er müsse das "mit Empörung zurückweisen". Und grinste.

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