Schottland:Jüngste Umfrage sieht Gegner vorne

Mehr als vier Millionen Menschen stimmen über Schottlands Zukunft ab - der Ausgang ist offen. In einer letzten Umfrage liegen die Gegner einer Abspaltung knapp vorne.

  • Seit sieben Uhr Ortszeit läuft das Referendum in Schottland: 4,3 Millionen Menschen sind aufgerufen, für oder gegen die Unabhängigkeit von Großbritannien zu stimmen.
  • Die letzte Umfrage sieht die Gegner mit 53 zu 47 Prozent knapp vorne.
  • US-Präsident Obama plädiert auf Twitter für die Union.

Letzte Umfrage sieht Gegner knapp vorne

Nun ist auch das Ergebnis der jüngsten Umfrage draußen: Demnach liegt das Lager der Gegner knapp vorne. 53 Prozent der Befragten wollen Nein zur Abspaltung Schottlands vom Vereinigten Königreich sagen, 47 Prozent dagegen Ja. Das twittert das Institut Ipsos Mori. Es ist die letzte Umfrage an diesem Tag, an dem die Schotten zur Abstimmung über ihre Zukunft aufgerufen sind. Zu einem ähnlichen Ergebnis waren auch die Meinungsforscher von YouGov für die Times und die Sun gekommen.

Seit sieben Uhr (acht Uhr deutscher Zeit) sind die Wahllokale offen. Knapp 4,3 Millionen Wähler haben sich für die Abstimmung registriert. Zum ersten Mal dürfen auch Teenager im Alter ab 16 Jahren wählen. Und es scheint, als würden Erst- und Jungwähler eher zum Lager der Befürworter tendieren, allerdings machen diese nur einen geringfügigen Prozentsatz unter allen Wahlberechtigten aus. Die Wahllokale haben bis 23 Uhr deutscher Zeit geöffnet. Die Meinungsforscher gehen von einer historisch hohen Beteiligung von mehr als 90 Prozent aus. 97 Prozent der Wahlberechtigten hatten sich für die Abstimmung in einem der 2608 Wahllokale registrieren lassen. Mit Ergebnissen aus den 32 Stimmbezirken wird erst am Freitagmorgen gerechnet.

So berichten die Briten übers Referendum

Schottland: Der schottische Schriftsteller Sir Walter Scott bekommt von der Abstimmung über die Unabhängigkeit seines Landes nichts mit: Sein Kopf ist in eine Flagge gehüllt worden.

Der schottische Schriftsteller Sir Walter Scott bekommt von der Abstimmung über die Unabhängigkeit seines Landes nichts mit: Sein Kopf ist in eine Flagge gehüllt worden.

(Foto: AFP)

Das Referendum ist natürlich überall Thema. "A day of destiny" - ein Tag des Schicksals, titelt der konservative Telegraph. Egal, wie das Referendum ausgehe, es werde Großbritannien auf immer verändern, schreibt das Blatt in seinem Kommentar. Ein knappes Nein-Votum würde die schottischen Nationalisten "zur Weißglut treiben", weitergehende Autonomie-Zugeständnisse an Schottland im Gegenzug die Engländer. "Decision Day", titelt der liberale Independent und stellt fünf Gründe zusammen, warum Schottlands Regierungschef Alex Salmond heimlich auf ein Nein hoffen sollte.

Die Zeile "Day of Destiny" findet sich auch auf der Titelseite des Guardian, der darüber hinaus in einem lesenswerten Beitrag aufgeschrieben hat, warum sich das Lager der Befürworter in der Medienberichterstattung kaum widerspiegelt. Und die Online-Ausgabe von Großbritanniens Revolverblatt Sun titelt mit "Better together ...". Gemeint ist damit allerdings die neue Union zwischen Prince Harry und dessen - offenbar jetzt früheren - Ex-Freundin Cressida Bonas. Die Queen selbst hatte vor wenigen Tagen ihr Schweigen zum schottischen Referendum gebrochen. Es wird vermutet, dass sie auf einen Verbleib Schottlands hofft. Mit einer Abspaltung Schottlands könnte sich auch die Frage nach dem Staatsoberhaupt neu stellen, sehr wahrscheinlich würde dies aber weiterhin die Queen bleiben. Der Print-Titel der Sun ist dafür sehr schlicht gehalten - fast ganz in Weiß. Der Titel: "Ja oder Nein. Heute startet Schottland mit einer weißen Seite."

In den sozialen Netzwerken erreichen die Kommentare Rekordhöhen: Auf Twitter kommen fast sekündlich neue Tweets unter dem Hashtag #indyref, Facebook teilt mit, es habe fast zehn Millionen Interaktionen zum Thema Referendum gegeben. Ein Beispiel für britischen Humor:

Obama wirbt für Einheit Großbritanniens

Mit den USA pflegt Großbritannien eine historisch gewachsene special relationship, besondere politische, diplomatische und kulturelle Verbindungen also. Böse Zungen sprechen bisweilen von Großbritannien als 51. US-Bundesstaat. Kurz vor Öffnung der Wahllokale in Schottland meldet sich US-Präsident Barack Obama via Twitter zu Wort - mit einem eindringlichen Wunsch: Das Vereinigte Königreich sei ein "außergewöhnlicher Partner" der USA und eine zuverlässige Kraft in einer instabilen Welt, schreibt Obama im offiziellen Profil des Weißen Hauses im Internetdienst Twitter. "Ich hoffe, es bleibt stark, robust und vereint." Unterzeichnet ist der Eintrag mit der Abkürzung "bo", die immer dann verwendet wird, wenn die Äußerung vom US-Präsidenten selbst und nicht von seinem Presseteam stammt.

Die US-Regierung hatte bereits in den vergangenen Tagen ihre Unterstützung für einen Verbleib Schottlands in Großbritannien erkennen lassen. Gleichzeitig betonte sie aber, die Schotten hätten das Recht, darüber abzustimmen.

Befürworter rufen "Yes, we can"

Der schottische Regierungschef Salmond hatte sich am Vortag in Perth nördlich von Edinburgh an seine Landsleute gewandt und auf ihre "Chance des Lebens" eingeschworen: "Das ist der größte, mächtigste Moment, den jeder von uns je haben wird." Die Menge schwenkte schottische Flaggen und rief immer wieder "Yes, we can" - in Anlehnung an Obamas einstigen Wahlkampfslogan. Und auch Salmonds Wortwahl soll sehr stark an den US-Präsidenten erinnert haben, berichtet der Guardian.

Schottland: Eine letzte Inszenierung am Tag der Abstimmung: Schottlands Regierungschef Alex Salmond posiert mit Schulkindern.

Eine letzte Inszenierung am Tag der Abstimmung: Schottlands Regierungschef Alex Salmond posiert mit Schulkindern.

(Foto: AP)

Unterstützung bekommt das Yes-Lager vom schottischen Tennisstar und Wimbledon-Sieger von 2012, Andy Murray. Auf Twitter kritisiert er die Negativ-Kampagne des Lagers der Gegner. Den Befürwortern spricht er Mut zu: "Großer Tag für Schottland, heute". Und: "Lasst uns das durchziehen!", schreibt er unter Anspielung auf die Kampagne der Befürworter an, die ebenfalls mit "Let's do this" werben.

Umfragen sagen knappe Abstimmung voraus

Die jüngsten Umfragen sehen die Gegner der Unabhängigkeit knapp vorn. 52 Prozent der Befragten wollten Nein zur Abspaltung Schottlands vom Vereinigten Königreich sagen, 48 Prozent dagegen Ja. Das ermittelten die Meinungsforscher von YouGov für die Times und die Sun.

Zum selben Ergebnis kommt die Konkurrenz von Panelbase. Um sechs Prozentpunkte vorne liegen die Gegner in einer Umfrage von Survation, bei Ipsos Mori liegen beide Lager mit 51 ("No") zu 49 Prozent ("Yes) ungefähr gleich auf. Die Unentschlossenen sind jeweils herausgerechnet. Den verschiedenen Umfragen zufolge handelt es sich dabei um fünf bis neun Prozent der Befragten.

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