Schmutzige Machtkämpfe in der CSU:Liebe, Sex und Öffentlichkeit

Außereheliche Affären wurden in der CSU zu Strauß-Zeiten einem "Mannsbild" augenzwinkernd verziehen. Dann kam Saubermann Stoiber - und fortan waren Intima Munition für interne Machtkämpfe.

Oliver Das Gupta

"Wiederholung 1993," kommentiert ein CSU-Mann, der Stoiber gut und lange kennt, die Berichterstattung über die angebliche außereheliche Affäre seines Parteifreundes Horst Seehofer.

Irene Epple-Waigel und Theo Waigel

Irene Epple-Waigel und Theo Waigel im Spätherbst 2006

(Foto: Foto: Das Gupta)

"1993" steht für den Kampf um die bayerische Staatskanzlei, ausgefochten zwischen dem damaligen Parteichef Theo Waigel und Innenminister Edmund Stoiber.

Es waren Leute aus dem Stoiber-Lager, die damals diskret bei Journalisten anfragten, ob sie sich für Waigels Eheleben interessierten. Schließlich druckten Boulevard-Zeitungen "Die ganze Wahrheit" über den damaligen Finanzminister, der - seit Jahren von seiner Frau getrennt - eine Liaison mit seiner heutigen Gattin Irene Epple eingegangen war.

Der Rest ist bekannt: Der öffentlich als Ehebrecher gebrandmarkte Theo Waigel schmierte in der Gunst der Landtagsfraktion ab. Stoiber hingegen bot den Konservativen seine glückliche Karin, zwei hübsche blonde Töchter, kurzum: eine heile Familie - und zog in die Staatskanzlei ein.

Sinnesfreudiger Strauß

Dabei hatte der weiland "blondes Fallbeil" genannte Stoiber in seinen Lehrjahren durchaus erlebt, wie man auch sinnesfroh zum Ober-Bayern werden konnte.

Schließlich galt auch der selige Vorsitzende nicht als Kostverächter. Franz Josef Strauß ließ es krachen - und die Presse schrieb nicht darüber. Nur nachdem sich der oberste Christsoziale von zwei New Yorker Prostituierten den Geldbeutel stibitzen ließ, breiteten Hamburger Magazine genüsslich den Vorfall aus.

Geschadet hat es Strauß nie, im Gegenteil: Sein Politik- und Lebensstil zwischen afrikanischen Großwildjagden und Bonner Elefantenrunden war nun mal sinnesfreudig und barock. Kurz: Strauß war eben "a echts Mannbuid". So einer durfte das, sogar oder gerade im erzkatholischen Freistaat.

Nach Strauß' Ableben bereitete sein bleicher Adlatus Edmund den Griff nach der Macht vor und brach dafür mit einer bis dato gängigen Regel: Privates sollte nicht mehr privat bleiben.

Was bei Waigel so vorzüglich geklappt hatte, wurde auch in den Folgejahren in einem prominenten Fall erneut exerziert: Barbara Stamm war Stoibers Gesundheitsministerin sowie seine Vize-Ministerpräsidentin - und wurde 2000 vom damaligen CSU-Generalsekretär Thomas Goppel in aller Öffentlichkeit zum Abschuss frei gegeben.

Stoibers Statthalter in der Parteizentrale witzelte auf einem Parteitag: "Gell, Barbara. Ich bin schon vergeben, du auch!" - und machte so das Verhältnis der dreifachen Mutter und Ehefrau mit einem Autohändler publik. Kurze Zeit später suchte die BSE-Krise das heile Bayernland heim. Stamm flog aus dem Kabinett, Agrarminister Josef Miller sitzt noch heute auf seinem Posten.

Inzwischen schien der Kniff, internen Gegnern mit allerlei Intima an den Karren zu fahren, in der CSU Schule gemacht zu haben. Auch die ambitionierte Strauß-Tochter Monika arbeitete mit solch schmutzigen Methoden.

Als die Parteifreunde gegen die Münchner Bezirkschefin während der Wahlfälscher-Affäre maulten, legte Monika Hohlmeier, geborene Strauß, einen Schnellhefter auf den Tisch. "Gegen jeden von euch gibt es was", soll die damalige Kultusministerin getönt haben. Darauf: Allgemeiner Aufschrei, Parteivolk empört, Presse schoss aus allen Rohren.

Zur allgemeinen Verwunderung hielt Stoiber seine unmögliche Ministerin damals im Amt, erst später ließ er sie fallen. Einige munkeln, dass die wiefe Monika auch ein Dossier über den Kofferträger des Vaters in Petto hatte. Aber vielleicht hatte Stoiber für sein Zaudern diesmal ja ausnahmsweise auch nostalgische Gründe.

Stoiber bemüht empört

Schließlich der Fall Gabriele Pauli. Die Fürther Landrätin nervte Stoiber über Monate mit der Forderung, er wolle von seinen Ämtern ablassen - was im letzten Herbst dessen Büroleiter Michael Höhenberger in Aktion treten ließ. Bekanntlich soll er sich über Alkoholprobleme und Männergeschichten der zweifach verheirateten Parteifreundin erkundigt haben. Worauf Höhenbergers Wühlarbeit abzielte, liegt auf der Hand.

Und nun die dicken Schlagzeilen über Horst Seehofer. Auch der hatte oft genug gegen die Parteispitze opponiert, aber in letzter Zeit ging er auffallend konform mit der CSU und vor allem mit dem angeschlagenen Edmund Stoiber. Erst vor wenigen Tagen hatte Seehofer brav beteuert, "niemals" gegen den Parteichef antreten zu wollen.

Stoiber beeilte sich, seine Empörung über denjenigen kund zu tun, der die delikate Seehofer-Causa der Bild-Zeitung gesteckt hatte. Auch seine Staatskanzlei ist händeringend bemüht, jeden Verdacht von sich zu weisen.

"Das ist das sicherste Zeichen, dass sie es war," sagt der eingangs erwähnte Stoiber-Kenner. Schließlich ist es von Vorteil für Stoiber in den laufenden, entscheidenden Tagen, wenn die Presse sich auf etwas anderes stürzt.

Dass Seehofer sich zuletzt loyal und zahm gab, fiele dabei nicht ins Gewicht, sagt der erfahrene CSU-Recke. "Das ist doch dem Edmund völlig wurscht."

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