Schließung von Guantanamo:Aufnahme von Häftlingen entzweit EU

Soll die Europäische Union Insassen des US-Gefangenenlagers Guantanamo aufnehmen? Während die Niederlande dies kategorisch ablehnen, zeigt sich Deutschland offen.

Die Frage einer möglichen Aufnahme von Insassen des US-Gefangenenlagers Guantanamo spaltet die Europäische Union. Während die Niederlande am Mittwoch eine Aufnahme von Häftlingen nach der geplanten Schließung des Lagers kategorisch ablehnten, sandten Staaten wie Deutschland und Portugal positive Signale. Die französische EU-Ratspräsidentschaft forderte die Mitgliedstaaten auf, eine gemeinsame Position zu finden.

Schließung von Guantanamo: Häftlinge des US-Gefangenenlagers in Guantanamo Bay.

Häftlinge des US-Gefangenenlagers in Guantanamo Bay.

(Foto: Foto: AP)

Die Niederlande nahmen als erster EU-Staat eine klare Haltung ein und lehnten eine Aufnahme ab. "Die Niederlande werden keine Guantanamo-Insassen aufnehmen", sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Den Haag. Wenn die Häftlinge weder verurteilt würden noch in ihre Heimatländer zurückkehren könnten, sei dies vor allem eine Angelegenheit "des Landes, das sie festgenommen und inhaftiert hat: der USA".

Schweden, Polen und Spanien gegen Aufnahme

Auch Schweden erklärte, die USA seien für das Schicksal der Guantanamo-Insassen verantwortlich. Medienberichten zufolge dürfte auch Dänemark eine Aufnahme ablehnen.

Polen und Spanien zeigten sich ebenfalls zurückhaltend. Polen habe noch keine Anfrage aus den USA erhalten und keinerlei Erfahrungen mit solchen Gefangenen, sagte Außenamtssprecher Piotr Paszkowski.

Die französische Regierung äußerte sich noch nicht klar, ob sie Guantanamo-Häftlinge aufnehmen will, und forderte zunächst EU-interne Beratungen. Die Position der europäischen Staaten solle diskutiert und abgestimmt werden, sagte Außenamtssprecher Eric Chevallier.

Frankreich habe sich immer für die Schließung des Gefangenenlagers ausgesprochen und begrüße daher die entsprechende Ankündigung des künftigen US-Präsidenten Barack Obama. Das Thema dürfte die tschechische EU-Ratspräsidentschaft beschäftigen, die am 1. Januar beginnt.

Die Bundesregierung hatte sich dafür ausgesprochen, das Thema auf EU-Ebene zu diskutieren, wenn es konkrete Zeitpläne für die geplante Schließung des US-Gefangenenlagers auf Kuba gibt. Im Auswärtigen Amt werden aber bereits rechtliche und politische Fragen einer Aufnahme von Guantanamo-Häftlingen geprüft.

Neben Deutschland schloss auch Portugal eine Aufnahme von Häftlingen nicht aus. US-Verteidigungsminister Robert Gates, der auch unter Obama im Amt bleiben wird, hatte am Dienstag die Signale aus Berlin und Lissabon als "ermutigend" begrüßt.

Großbritannien, das bereits neun Ex-Häftlinge mit britischer Staatsbürgerschaft oder Aufenthaltsgenehmigung aufgenommen hat, stellte die Aufnahme weiterer Guantanamo-Insassen in Aussicht. Jeder Fall müsse einzeln geprüft werden, hieß es in London.

Verhaftung und Folter

Das Pentagon arbeitet derzeit Pläne für die Schließung von Guantanamo aus. Das US-Gefangenenlager auf Kuba ruft seit seiner Einrichtung 2002 heftige Kritik in aller Welt hervor. Obama hatte die Schließung im Wahlkampf versprochen.

Derzeit sitzen in Guantanamo noch etwa 250 Gefangene ein, einige von ihnen stellen aus Sicht der USA aber keine Bedrohung mehr dar und sollen auf freien Fuß kommen. Während einige der Freigelassenen in ihre Heimatländer zurückkehren wollen, fürchten andere dort Verhaftung und Folter.

Die Vereinigung der Uiguren in den USA begrüßte die ersten positiven Signale aus Europa. 17 chinesische Staatsbürger von der Minderheit des Turkvolkes der Uiguren sind seit sechs Jahren in Guantanamo inhaftiert, aber bereits seit vier Jahren von Terrorismus-Vorwürfen freigesprochen. Die USA schicken sie dennoch nicht nach China zurück, weil den muslimischen Uiguren dort ethnische Verfolgung droht.

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