Stuttgart 21: Schlichtung:Zu Tisch mit Heiner Geißler

Erster Erfolg für Heiner Geißler: Am Freitag werden die Schlichtungsgespräche zwischen Gegnern und Befürwortern des Bahnprojektes anlaufen. Die für Samstag geplante Demonstration findet trotzdem statt. Und es gibt Streit, was ein Baustopp ist und was nicht.

Nun gibt es doch langsam Bewegung im Streit um das umstrittene Bahnprojekt Stuttgart 21: Heiner Geißler, der Vermittler, der die Konfliktparteien wieder an einen Tisch bringen soll, kann einen ersten kleinen Erfolg vermelden: Die Schlichtungsgespräche zwischen Gegnern und Befürwortern des Projekts sollen am Freitag beginnen. Das hat Geißler am Donnerstagabend bei einem Gespräch mit Vertretern des Aktionsbündnises gegen Stuttgart 21 erreicht.

Stuttgart 21 - Heiner Geißler bei Stuttgart-21-Gegnern

Er hat es doch noch geschafft: Am Freitag werden die Schlichtungsgespräche von Vermittler Heiner Geißler beginnen.

(Foto: dpa)

Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) begrüßte den Durchbruch bei den Sondierungsgesprächen. In den vergangenen Tagen schienen die Fronten zwischen beiden Seiten verhärtet. Die Gegner machten einen vollständigen Bau- und Vergabestopp zur Bedingung, um überhaupt an einem Gespräch mit der Befürworterseite teilzunehmen. Landesregierung und Bahn lehnten dies jedoch in den vergangenen Wochen ab.

Ob die Gespräche scheitern, ist offen

Bei den Gesprächen soll am Freitag zunächst das weitere Prozedere besprochen werden. Nach Angaben des Grünen-Landtagsabgeordneten Werner Wölfle erklärten sich die Stuttgart 21-Gegner bereit, weitere Arbeiten am Gleisvorfeld zu akzeptieren. Strittig sind jedoch die Arbeiten am sogenannten Grundwassermanagement. Wölfle sagte, die Bahn wolle sichtbare Vorarbeiten vornehmen können. "Das wollen wir morgen noch einmal klarmachen, dass es eine unnötige Demonstration wäre, wenn man darauf besteht", sagte Wölfle. Ob die Gespräche daran scheitern könnten, ließ er offen.

Die für Samstag geplante Demonstration solle in jedem Fall stattfinden. Wölfle bekräftigte, dass die Öffentlichkeit die Möglichkeit haben solle, die inhaltlichen Gespräche mitzuverfolgen. Ob dies jedoch bereits am Freitag der Fall sein werde, ließ er offen. Zuvor hatte er dafür plädiert, dass die Gespräche im Internet und im Fernsehen übertragen werden sollten. "Ich gehe davon aus, dass dies auch im Interesse der Landesregierung und der Bahn ist", sagte Wölfle. "Es geht ja um eine Sachvermittlung für die Bevölkerung", erläuterte er.

Anders als bei Tarifverhandlungen gehe es nicht um einen Schlichterspruch mit einem Komma hinter der Zahl, sondern darum, wie es gelinge, seriös und einvernehmlich die Fakten darzustellen und diese zu bewerten, sagte Wölfle weiter.

Wenn die Gespräche am Freitagmorgen um 10:30 Uhr beginnen, werden von Seiten der Projektgegner und -befürworter jeweils sieben Personen am runden Tisch platznehmen. Mappus sagte: "Es ist gut, dass Projektbefürworter und Projektgegner in der Sache ins Gespräch kommen." Nun könne der Dialog beginnen. "Dabei gilt: Alles auf den Tisch, alle an den Tisch", fügte Mappus hinzu. Er wolle die beginnenden Gespräche nutzen, um nachhaltig für das Projekt Stuttgart 21 zu werben und die Menschen von der Notwendigkeit und den vielen Vorteilen überzeugen.

SPD sieht Vorbereitung für Volksentscheid

SPD-Landeschef Nils Schmid forderte die Gegner und Befürworter von Stuttgart 21 am Donnerstag auf, sich in den Schlichtungsgesprächen klar für eine Volksabstimmung auszusprechen. Er kritisierte Mappus und Bahnchef Rüdiger Grube, dafür, dass sie "echtes Aussetzen aller Bau- und Vergabearbeiten" nach wie vor knallhart ablehnten. Sie sollten den Gesprächen eine faire Chance geben und alles unterlassen, was eine Schlichtung untergrabe.

Das Schlichtungsgespräch sei "die beste Vorbereitung für einen Volksentscheid, den ich mir denken kann", sagte Schmid. Die Fraktion, die an den Schlichtungsgesprächen nicht beteiligt ist, will am Dienstag mit Schlichter Geißler über ihren Vorschlag einer Volksabstimmung diskutieren.

Der stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Fritz Kuhn, sagte dem Mannheimer Morgen, auch die Grünen seien für eine Volksabstimmung. Er zeigte sich allerdings wenig optimistisch, was den Ausgang der Schlichtung betrifft. Wenn erst alle Fakten auf dem Tische lägen, sei Stuttgart 21 wahrscheinlich gestorben.

Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle hat den Grünen in der Debatte um Stuttgart 21 Heuchelei vorgeworfen. "Die grüne Dagegen-Partei nutzt das Thema Stuttgart 21 für ihren Wahlkampf auf Kosten der Zukunft Baden-Württembergs", sagte Westerwelle dem Hamburger Abendblatt. Der FDP-Chef warnte vor einem Klima, "das unser Land zu einer Dagegen-Republik werden lässt". Wenn in Deutschland keine Straßen, keine Flughäfen und demnächst auch keine Bahnhöfe mehr gebaut werden könnten, "dann verspielen wir die Grundlagen unseres Wohlstands", sagte Westerwelle.

Die Befürworter von Stuttgart 21 bekommen unterdessen Rückendeckung von EU-Verkehrskommissar Siim Kallas: "Die Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Paris und Bratislava ist eine extrem wichtige transeuropäische West-Ost-Achse", sagte Kallas der Rheinischen Post. Die EU-Kommission lege allergrößten Wert darauf, dass sie gebaut werde. Stuttgart 21 bilde dabei "ein Kernstück dieser Magistrale", betonte der Kommissar.

Bei Stuttgart 21 soll der Hauptbahnhof der Landeshauptstadt für 4,1 Milliarden Euro von einem Kopf- in einen unterirdischen Durchgangsbahnhof umgebaut werden. Zudem ist eine Anbindung des Flughafens an das Hochgeschwindigkeitsnetz über eine Neubaustrecke zwischen Ulm und Wendlingen vorgesehen.

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