Schleswig-Holstein:Herablassend, eitel, selbstbewusst

FDP-Fraktionschef Kubicki ist in Kiel sehr umstritten. Dennoch will Ministerpräsident Carstensen mit ihm regieren.

J. Schneider

Die Einladung war ein deutliches Signal, und das sollte sie auch sein. Im Januar empfing der Vorstand der schleswig-holsteinischen CDU einen besonderen Gast mit dem erklärten Ziel der politischen Eheanbahnung - und um deutlich zu zeigen, was man eigentlich will.

Wolfgang Kubicki, Peter Harry Carstensen, ddp

Peter Harry Carstensen (r.) freut sich mit Wolfgang Kubicki (FDP) über Hochrechnungen bei der Landtagswahl 2005. Eine Koalition mit der FDP ist auch heute die klare Wunschkonstellation von Carstensen.

(Foto: Foto: ddp)

Der Fraktionschef der FDP, Wolfgang Kubicki, kam zur Klausur nach Schleswig. Damals gab es die Entscheidung für vorgezogene Neuwahlen noch lange nicht. Die große Koalition von CDU und SPD stand zwar bereits unter argen Spannungen, ihren Bruch schlossen die Akteure noch aus.

Der Besuch von Kubicki aber sollte den Ausweg für eine schwarz-gelbe Zukunft weisen. Gemeinsam skizzierten die CDU und ihr Gastredner ihre mögliche Regierungsarbeit. Kubicki drängte schon damals auf Neuwahlen.

Eine Koalition mit der FDP ist die klare Wunschkonstellation von Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU). Nach den derzeitigen Umfragen stehen die Chancen dafür nicht schlecht. Sollte es nicht reichen, wird von möglichen Beteiligten auch eine bundesweite Premiere nicht ausgeschlossen: die Jamaika-Option, eine schwarz-gelb-grüne Koalition.

Längst gab es vertrauliche Runden, in denen freundschaftlich die Chancen eines solchen Bündnisses ausgelotet wurden. Falls die Linken ins Parlament kommen, dürfte auch ein rot-rot-grünes Bündnis nicht ausgeschlossen sein. Doch dafür müsste zuerst die SPD wieder stärker werden.

Bei fast allen Planspielen spielt deshalb der 57 Jahre alte Kubicki eine zentrale Rolle. Der scharfzüngige Jurist hat bereits eine lange, aber auch wechselvolle Karriere hinter sich. Als Anwalt ist er durch Mandate in einigen aufsehenerregenden Verfahren bekannt geworden, so etwa in der Korruptionsaffäre bei Volkswagen.

Er saß auch lange für die Liberalen im Bundestag und zählt zu den wenigen bundesweit bekannten Politikern Schleswig-Holsteins. Im Kieler Landtag gilt er vielen als besonders eitel, seine auffallend selbstbewusste Art ist umstritten.

Als Oppositionsführer hat er Carstensen in den zurückliegenden Jahren heftig, manchmal auch herablassend attackiert. Zuletzt warf er der Regierung "Missmanagement" vor und kündigte im Gespräch mit Spiegel Online an, er werde im Falle eines Wahlsiegs "Schlampereien beseitigen". Mit Blick auf mögliche Konstellationen sagte er am Montag: "Ich schließe nur aus, dass der Kollege Stegner von der SPD einmal mit meiner Stimme Ministerpräsident wird."

Noch vor vier Jahren hatten die Grünen im Landtag zu Kiel die Sozialdemokratin Heide Simonis noch einmal zur Ministerpräsidentin wählen wollen. In ihrer bisherigen Fraktion gelten wichtige Köpfe als Anhänger einer rot-grünen Linie. Doch Fraktionschef Karl-Martin Häntzschel macht sich keine Illusionen. Er sehe im Moment keine Chancen für Rot-Grün, sagt er. Sein Ziel sei es, stärker als die FDP zu werden, "und wir wollen Schwarz-Gelb verhindern".

Für Gedankenspiele über eine schwarz-grüne oder eben die schwarz-grün-gelbe Option gibt er sich offen. "Ich schließe nichts aus", sagt Häntzschel, doch er fügt hinzu: "Ich weiß aber, dass wir es hier mit einer sehr konservativen CDU in einem sehr konservativen Land zu tun haben." Er nennt mögliche Bedingungen, die für die Union nicht einfach wären, wie den Atomausstieg und Reformen im Bildungssystem.

Weiteren Auftrieb haben Spekulationen über die Jamaika-Option am Wochenende durch Aussagen des Grünen-Landeschefs Robert Habeck erhalten, in denen er sehr aufgeschlossen auch gegenüber den Liberalen und der Union klang. Der Schriftsteller und Vater von vier Söhnen gilt seit langem als möglicher Wegbereiter für solche Experimente, weil er offensiv auch freundschaftliche Kontakte zu Vertretern aller Landtagsparteien pflegt.

Doch diesen Montag bremst Habeck ein wenig. "Ich schließe Jamaica nicht aus", sagt er. "Aber ich halte es für die unattraktivste Lösung. Sie kann nur gelingen, wenn wir mit der FDP tatsächlich inhaltliche Übereinstimmung in der Bildungs- und Energiepolitik erreichen." Und gerade in der Schulpolitik, gibt er zu bedenken, seien die beiden Parteien doch sehr weit auseinander.

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