Schleswig-Holstein:Chefunterhändler der leisen Töne

Koalitionen in Schleswig-Holstein

Der 51-jährige Heiner Garg will "in Unterschieden auch eine Chance für etwas Neues sehen".Er ist FDP-Landesvorsitzender in Schleswig-Holstein.

(Foto: Carsten Rehder/dpa)

Bei den Verhandlungen über eine Jamaika-Koalition in Kiel hat der Liberale Heiner Garg eine tragende Rolle. Denn er muss Gräben überwinden.

Von Thomas Hahn, Hamburg

An diesem Montag beginnt in Kiel der wahre Ernst der Koalitionsgespräche für Heiner Garg von der FDP und die beiden anderen Verhandlungsführer, Daniel Günther (CDU) und Monika Heinold (Grüne). Die Arbeitsgruppen mit Vertretern der drei Parteien treten erstmals zusammen, um im Detail ein schwarz-grün-gelbes Regierungsbündnis für Schleswig-Holstein zu entwickeln. Und auf Heiner Garg, den Landesparteichef der Liberalen, kommt es dabei in besonderer Weise an. Denn mit seiner ausgleichenden Art muss er die Gräben überwinden, die der bekannteste FDP-Mann im Norden, Spitzenkandidat Wolfgang Kubicki, mit seiner pointierten Rhetorik aufgerissen hat.

Heiner Garg, 51, hat es einmal als eine "wunderbare Lebensaufgabe" bezeichnet, "Landesvorsitzender für Wolfgang Kubicki zu sein". Er weiß, welche Rolle er zu spielen hat im Reich des altgedienten Stimmenbeschaffers und Fraktionschefs Kubicki: die solide Arbeitsbiene, die dem Mann fürs große Reden den Rücken freihält. Und bei den Koalitionsverhandlungen ist Garg so etwas wie die leibhaftige Chance, dass es in Kiel tatsächlich was wird mit dem Jamaika-Bündnis - obwohl es das auf Landesebene bisher erst einmal gab, nämlich im Saarland, keine halbe Legislaturperiode lang von Herbst 2009 bis Januar 2012. Kubicki kann mit der grünen Moral nicht viel anfangen, die Grünen wiederum finden ihn überheblich. Deshalb ist es klug, dass er dem leiseren, fleißigen Garg den Posten des Chefunterhändlers überlassen hat; abgesehen davon, dass Kubicki für den Bundestag kandidiert. Heiner Garg nimmt man es ab, dass er Gespräche "auf Augenhöhe" führen und "in Unterschieden auch eine Chance für etwas Neues sehen" will, wie er zuletzt gesagt hat.

Garg, 1994 als Referent zur Kieler FDP-Fraktion gekommen, ist tatsächlich ein Freidemokrat des Ausgleichs. Er stammt aus Freiburg, kurz nach der Volljährigkeit überlegte er dort sogar mal, den Grünen beizutreten. In seinem Volkswirtschaftsstudium interessierte er sich für den Spagat zwischen wirtschaftlicher und sozialer Nachhaltigkeit. Seine Doktorarbeit trägt den Titel: "Pflegebedürftigkeit als Gegenstand ökonomischer Sicherungspolitik." Heute kämpft er für das sozialpolitische Profil der FDP, welches er selbst lange unterbeleuchtet fand. Unter CDU-Minister-Präsident Peter Harry Carstensen war er von 2009 bis 2012 der erste FDP-Sozialminister in einem westdeutschen Bundesland. Bei den Koalitionsverhandlungen leitet er die Arbeitsgruppe Soziales.

Ungewöhnlich? Gargs Haltung ist eher der Ausdruck für den Umstand, dass moderne Parteiprogramme keine schlichten Lösungen vertragen. Mit Einfalt kann er grundsätzlich nicht viel anfangen. Eine Kampagne für die Homo-Ehe hat er mal mit einem Bild auf Facebook von sich und seinem Freund unterstützt. Und die mögliche Jamaika-Koalition passt gut zu seinem Anspruch, keine Angst vor großen Gegensätzen zu haben.

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