Schleswig-Holstein:Attacke trotz Polizeischutz

Schleswig-Holstein: Der Oersdorfer Bürgermeister Joachim Kebschull.

Der Oersdorfer Bürgermeister Joachim Kebschull.

(Foto: OeWV/dpa)

Der Bürgermeister der Gemeinde Oersdorf erhält monatelang rechte Drohbriefe - und wird niedergeschlagen.

Ein Unbekannter hat am Donnerstagabend den Bürgermeister der schleswig-holsteinischen Gemeinde Oersdorf niedergeschlagen. Der Vorfall ereignete sich unmittelbar vor einer Sitzung des Bauausschusses am Donnerstagabend. Bei der Sitzung sollte es um Umbaupläne für ein Haus gehen, in dem ursprünglich Flüchtlinge untergebracht werden sollten. Diese Pläne waren aber bereits vor geraumer Zeit verworfen worden. Die Polizei ermittelte eigenen Angaben zufolge bereits seit Juli, weil der parteilose Joachim Kebschull immer wieder Briefe mit rassistischen Parolen und Morddrohungen erhalten habe. Auch am Donnerstag seien zwei Drohbriefe eingegangen, einer an ihn persönlich und einer an die Gemeinde nördlich von Hamburg.

Aufgrund der Drohbriefe hatte die Polizei mit sechs Beamten die Sitzung des Bauausschusses rund um das Gemeindehaus gesichert und unter anderem Taschen kontrolliert. Der Bürgermeister war nach Polizeiangaben kurz vor der Sitzung gegen 19 Uhr noch einmal zu seinem Pkw gegangen, um ein Laptop zu holen. Als er sich in seinen Wagen beugte, wurde er von einem Unbekannten angesprochen und durch einen Schlag mit einem Knüppel gegen den Kopf verletzt. Der Bürgermeister hatte laut Polizei außerhalb des Sichtbereichs der eingesetzten Beamten geparkt. Er wurde von einem Notarzt versorgt und ins Krankenhaus gebracht. Noch am Abend wurde der Verletzte von der Kripo vernommen.

Der Staatsschutz in Kiel hat die Ermittlungen aufgenommen. Die Polizei ermittelt aber weiter in alle Richtungen. "Dieser Satz hat für uns eine große Bedeutung", stellte der Sprecher am Freitag klar. Die Ermittler prüften gründlich alle in Frage kommenden Motive. "Diese können auch außerhalb möglicher fremdenfeindlicher Hintergründe liegen."

Nach der Attacke auf Kebschull sei am Freitag eine weitere Drohung per Mail eingegangen. "Wer jetzt noch immer nicht hören will, wird bestimmt lieber fühlen", heißt es in einem Schreiben, das der frühere Bürgermeister Wilfried Mündlein am Freitagmorgen erhalten hat. "Aus Knüppel wird Hammer, aus Hammer wird Axt", heißt es darin weiter. Mündlein brachte das Schreiben am Freitag zu einem Treffen mit Innenminister Stefan Studt (SPD). "Wir hätten nie für möglich gehalten, dass dieses üble Gedankengut in unserem Dorf eine Heimat hat", sagte die Oersdorfer Wählervereinigung, der Kebschull angehört. "Das darf nicht passieren", sagte Studt. Bürgermeister müssten ohne Angst arbeiten können.

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