Schimon Peres in Bayern:"Fußball-Spielen heißt: Kämpfen ohne zu töten"

Israels Vize-Premier fährt an den Tegernsee, gründet den deutschen Ableger seines "Peace Centers" und erklärt in blumigen Worten, wie Völkerverständigung funktioniert.

Oliver Das Gupta

Zu Beginn muss Schimon Peres tapfer sein. Näher, noch näher, wird der 83-Jährige an eine einheimische Bläsergruppe für die Fotografen gerückt. Dann stoßen die Musiker in ihre Jagdhörner und knödeln kräftig - Israels stellvertretender Ministerpräsident lächelt wacker weiter.

Ins verregnete Bad Wiessee ist Peres gekommen, um an der Gründungsfeier eines deutschen Unterstützervereins für sein "Peres Center for Peace" teilzunehmen. Nachdem ihm der Friedensnobelpreis verliehen worden war, hatte er die Initiative ins Leben gerufen.

Seitdem startete das "Peres Center" zahlreiche israelisch-palästinensische Projekte: Kindergärten, die arabische und jüdische Kinder besuchen, Vermittlung palästinensischer Ärzte an israelische Krankenhäuser, gemischte Fußballmannschaften.

"Fußball-Spielen heißt: Kämpfen ohne zu töten", erklärt Peres vor etwa 80 geladenen Gästen - und mindestens 20 Bodyguards.

Peres sagt noch mehr schöne Dinge. Zum Beispiel: "Armeen können Land erobern, nicht aber Weisheit." Oder: "Napoleon hinterließ Gräber, Monet hinterließ Ideen." Und: "Wenn nicht alte Wege zum Frieden führen, muss man neue finden."

Der Schimon Peres, der der Presse vor wenigen Monaten wütende, kriegerische Statements kontra Hisbollah und Hamas entgegen schleuderte, steht in Bad Wiessee nicht am Rednerpult. Sondern der "Schiffer des Friedens und der Völkerverständigung", wie Charlotte Knobloch in ihrem Grußwort formuliert.

Die Veranstaltung gleicht denn auch mehr einer Schimon-Peres-Huldigung, als einem Gründungs- und Informationsabend. Über die zahlreichen und erfolgreichen Projekte der Peace-Centers verlieren die Redner verhältnismäßig wenig Worte, Konkretes hört man weder von Peres, noch von Knobloch.

Auch Bayerns Wirtschaftsminister Erwin Huber (CSU) begnügt sich damit, einen Nebensatz auf das Peace-Center zu verwenden ("wichtiger Beitrag zum friedlichen Miteinander"), um dann ausführlich auf die "Freundschaft" zwischen Peres und Franz Josef Strauß einzugehen sowie sich über den Wahlerfolg der Rechtsextremen in Österreich zu empören - und lässt dabei unerwähnt, dass CSU-Freund Schüssel die Haider-Partei erst in Wien an die Macht gebracht hatte. In Bayern, so versichert Huber dem hohen Gast aus Israel, habe der "rechte Spuk keine Zukunft".

Die aktuelle Situation im Nahen Osten kommt erst am späteren Abend zur Sprache. Peres fordert, den internationalen Druck auf Iran zu erhöhen, und zwar wirtschaftlichen und psychologischen Druck. Der habe größere Wirkung als militärische Drohungen.

Auf die Frage, ob Israel bei Verhandlungen mit Syrien auch über eine Rückgabe der Golan-Höhen verhandeln würde, weicht er aus. Zunächst müsse Damaskus damit aufhören, "Terror-Gruppen zu beherbergen" sagte Peres sueddeutsche.de. "Ansonsten können wir Syrien nicht ernst nehmen."

Ein Ex-Botschafter windet sich

Peres lobt bei einer Gesprächrunde zudem das deutsche Marine-Engagement vor der Küste des Libanon, Rudolf Dreßler, Deutschlands Ex-Botschafter in Israel befindet, dass nun "keine Maus mehr durchkommt".

Die gegenseitige Loberei wird einmal jäh durch eine Frage von Sigmund Gottlieb unterbrochen: Der als CSU-nah geltende Chefredakteur des Bayerischen Fernsehens will von SPD-Mann Dreßler wissen, wie er als deutscher Botschafter den Stand von Schimon Peres in der israelischen Bevölkerung wahrgenommen habe. Schließlich gelte der in seiner Heimat ja als "Träumer".

Dressler windet sich kurz, blickt den zwei Meter neben ihm stehenden Peres direkt an, spricht von seinem internationalem Renommee. Und sagt dann: "In Israel hat Peres den gleichen Stellenwert wie Kohl, Schröder und jetzt Merkel in Deutschland." Nur sei die deutsche Presse eben "säuselnd". Und die israelische "gnadenlos".

Peres muss schon wieder tapfer sein.

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