Schäuble und die Griechenland-Hilfe:Mätzchen eines Machtlosen

Bundestag

Zustimmung trotz innerer Zerissenheit der Union: Finanzminister Wolfgang Schäuble

(Foto: dpa)

Die Deutschen retten mal wieder Griechenland - und damit sich selbst. Es wäre gut, wenn Finanzminister Schäuble das klarmachen würde, anstatt sich auf unnütze Fingerhakeleien mit seinem griechischen Kollegen Varoufakis einzulassen.

Von Thorsten Denkler

Natürlich gibt es eine große Mehrheit für die Verlängerung der Griechenland-Hilfen. Aus der Union hätten auch noch mehr Enthaltungen oder Neinstimmen kommen können, es wäre immer noch eine große Mehrheit. Zumal ja auch die Grünen und - ein wenig überraschend - die Linke nahezu geschlossen zugestimmt haben. So groß wie an diesem Freitag war die Mehrheit noch nie, wenn es um eine Abstimmung über ein Euro-Rettungspaket ging.

Die mehr als 20 Abweichler aus der Union fallen im Grunde kaum ins Gewicht, sind irrelevant, nicht mehr als eine Fußnote. Und doch: Kanzlerin Angela Merkel braucht diese Neinsager jetzt. Mehr noch braucht sie ihr Finanzminister Wolfgang Schäuble. Sie sollen helfen, ihre angebliche innere Zerrissenheit nach außen zu transportieren.

Die ganze Debatte am Morgen im Bundestag, die relativ vielen Neinstimmen aus dem Unionslager, all das soll den Menschen im Land zeigen: Die haben sich diese Entscheidung nicht leicht gemacht.

Mit der Reformliste aus Griechenland lässt sich alles und nichts anstellen

Der griechischen Links-rechts-Regierung von Alexis Tsipras kann egal sein, ob das deutsche Parlament der Griechenland-Hilfe mit sehr großer und nur mit großer Mehrheit zustimmt. Er und sein Finanzminister-Kollege Yanis Varoufakis haben hoch gepokert in den vergangenen Wochen, nicht viel gewonnen, aber auch nichts verloren. Ihre angebliche Reformliste ist derart schwammig, dass sich damit alles und nichts anstellen lässt.

Schäuble und seine Kollegen haben vorerst lediglich ein paar der - aus ihrer Sicht - abenteuerlichen Ideen der Griechen blockieren können. Den geforderten Schuldenschnitt etwa. Viel mehr war nicht drin. Die geforderten harten Reformzusagen haben sie nicht bekommen, als sie die Liste Anfang der Woche wohl oder übel abnickten.

Es kann niemanden ernsthaft verwundern, wenn Varoufakis jetzt die Liste als ein Dokument "produktiver Undeutlichkeit" beschreibt. Er erklärt übrigens auch, dass ihn ein Finanzmister der Euro-Gruppe gebeten habe, die Liste nicht konkreter zu fassen. Sonst wäre sie womöglich nicht zustimmungsfähig gewesen. Das mag stimmen oder nicht. Aber klar ist: Beide Seiten müssen ein hohes Interesse daran haben, dass die Griechenland-Rettung nicht Ende des Monats abrupt endet.

Helfen ist Selbstschutz

Es sei gerne noch einmal darauf hingewiesen, dass mit den Milliarden aus dem zweiten Hilfspaket, das jetzt verlängert wird, nicht allein die Griechen gerettet werden sollen. Nein, es sind vor allem die öffentlichen Haushalte und - zu einem geringeren Teil - die europäischen Banken, die vor einem finanziellen Härtetest bewahrt werden müssen, sollten die Kredite an Griechenland platzen. Es geht um dutzende Milliarden Euro, die dann auch deutsche Steuerzahler aufbringen müssten. Das ist es, was Schäuble meint, wenn er im Bundestag sagt, für Deutschland könne ein "großer Schaden" entstehen, wenn das Paket nicht verlängert werde. Und ist genau der Grund, weshalb Schäuble Varoufakis trotz aller Brachial-Rhetorik doch recht machtlos gegenübersteht.

Es wäre gut, wenn Schäuble sich nicht länger mit gespielter Empörung auf Mätzchen mit Varoufakis einlässt. In den Umfragen gewinnt Schäuble dadurch zwar immer mehr Sympathiepunkte hinzu. Die Griechenland-Rettung hingegen sehen immer mehr Deutsche skeptisch. Das ist gefährlich. Nicht helfen ist schon aus Selbstschutzgründen keine Option. Darum darf sich der Gedanke, Griechenland könne ja vielleicht auch fallengelassen werden, gar nicht erst festsetzen.

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