Schwarz-gelbe Reformpläne:Teure Steuerentlastung

Steuern runter im Jahre 2013, das haben FDP-Chef Rösler und Kanzlerin Merkel vollmundig versprochen. Finanzminister Schäuble hingegen lässt seine Beamten erstmal rechnen. Ergebnis: Eine wirkungsvolle Reform würde 28 Milliarden Euro kosten, die Regierung will aber nur sieben Milliarden ausgeben.

Guido Bohsem

Die Briefe aus dem Ressort von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) dürften bei FDP-Chef Philipp Rösler inzwischen mittelschwere Zorneswallungen hervorrufen. Wenn es um von Rösler angeschobene Reformen geht, sorgten Schreiben aus dem Finanzministerium bereits mehrmals für deutliche Ernüchterung. Im vergangenen Jahr listeten Schäubles Experten detailliert auf, welche ungeheuren Kosten die vom damaligen Gesundheitsminister Rösler avisierte Reform des Gesundheitssystems verursachen würde - und machte die Überlegungen damit zunichte.

Auch diesmal haben Schäubles Leute wieder einen Brief geschrieben und zwar auf eine Anfrage der Linkspartei-Steuerexpertin Barbara Höll. Die darin aufgeführten Zahlen lassen erahnen, was die von Rösler und Kanzlerin Angela Merkel angekündigte Steuerreform kosten könnte, wollte man die Steuerlast im unteren Einkommensbereich deutlich langsamer anwachsen lassen als bisher.

Eine Beseitigung des auf Steuer-Deutsch "Mittelstandsbauch" genannten starken Anstiegs des unteren Steuertarifs würde nach den Berechnungen des Ministeriums die Einnahmen aus der Einkommensteuer um 25,56 Milliarden Euro mindern. Auch sänken die Erträge aus dem Solidaritätszuschlag und der Kirchensteuer und zwar um 1,295 Milliarden beziehungsweise 1,015 Milliarden Euro.

Das macht zusammen etwa 28 Milliarden Euro niedrigere Einnahmen im Jahr. Geld, das weder der Bund, noch die Länder zur Verfügung haben. Während der Bund laut Schuldenbremse von 2016 an nur noch etwa zehn Milliarden Euro an neuen Krediten aufnehmen darf, ist den Ländern der Weg zur Bank von 2020 an gänzlich verboten.

"Verzicht auf nicht gewollte Steuereinnahmen"

Ein Sprecher Schäubles stellte deshalb am Mittwoch in Berlin noch einmal klar, dass es bei den Steuersenkungen allenfalls um den "Verzicht auf nicht gewollte Steuereinnahmen" handele. Das ist Schäubles Umschreibung für den Plan der Koalition, die Auswirkungen der sogenannten kalten Progression zu mindern. Wenn Steuerexperten davon reden, meinen sie den Umstand, dass Arbeitnehmer durch das Zusammenspiel von Geldentwertung und Verlauf des Steuertarifs nach einer Gehaltserhöhung real weniger Geld in der Tasche haben können als vorher.

Doch nach den Berechnungen der Finanzbeamten kann auch der Verzicht auf diese "nicht gewollten Steuereinnahmen" durchaus teuer für den Staat sein und so ist es fraglich, ob der Bundesrat einem solchen Vorhaben zustimmt. Denn nach den Regeln der Finanzverteilung stehen den Ländern immerhin 42,5 Prozent und den Kommunen 15 Prozent der Einnahmen aus der Einkommensteuer zu. Würde man den Tarifverlauf nur um sechs Prozent verschieben und damit die "kalte Progression" noch nicht einmal besonders stark mildern, müssten Bund, Länder und Gemeinden immerhin auf knapp acht Milliarden Euro verzichten.

In der Union plant man aber Steuererleichterungen von höchstens sieben Milliarden Euro. Da käme allenfalls eine Abmilderung der "kalten Progression" um vier Prozent in Frage und diese allein würde nach den Berechnungen von Schäubles Experten für den Staat immer noch mit einem Minus von knapp fünfeinhalb Milliarden Euro zu Buche schlagen. Eine Steuererleichterung, die nach Einschätzung des Steuerexperten an der Freien Universität Berlin, Frank Hechtner, nur äußerst bescheidene Erleichterungen für die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen bedeuten würde.

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