Schäuble: CDU-Spendenaffäre:Ein Essen mit Geld, Gift und Galle

Wolfgang Schäuble hat mit Schreibers Betrügereien nichts zu tun und war am Schwarze-Kassen-System Kohls nicht beteiligt. Dennoch wurde er zum politischen Hauptopfer der Spendenaffäre - wegen eines Fehlers.

Heribert Prantl

Wolfgang Schäuble hat mit Karlheinz Schreiber nichts zu tun. Er hat nichts zu tun mit den Straftaten, die diesem Mann vorgeworfen werden. Er hat nichts, gar nichts zu tun mit den Steuerhinterziehungen und den Betrügereien des Angeklagten.

Wolfgang Schäuble, Karlheinz Schreiber, AP

Karlheinz Schreiber (r.) ist dem damaligen CDU-Chef Wolfgang Schäuble zum Verhängnis geworden.

(Foto: Fotos: AP)

Daher wurde Schäuble von der Staatsanwaltschaft in Augsburg, die den kriminellen Machenschaften Schreibers mit akribischer Nachhaltigkeit nachgeht, nicht als Zeuge gehört, und er ist auch für den Prozess nicht benannt. Wie gesagt, Schäuble hat ja mit alledem nichts zu tun.

Und trotzdem ist dieser Karlheinz Schreiber dem damaligen CDU-Chef Wolfgang Schäuble zum Verhängnis geworden - wegen einer seltsamen Begebenheit, die schon fünfzehn Jahre zurückliegt.

Diese Geschichte beginnt bei einem sogenannten Sponsorenessen der CDU im Hotel Königshof in Bonn. Am Morgen danach, am 22. September 1994, so erinnert sich Schäuble, tauchte Karlheinz Schreiber bei ihm im Büro auf - und übergab ihm eine Spende in Höhe von hunderttausend Mark, mit der etwas seltsamen Bemerkung, er könne mit dem Geld machen, was er wolle.

Eher eine Posse

Schäuble machte, so sagt er, mit dem Geld das, was nach den gesetzlichen Regeln zu tun ist: Er gab es der CDU-Schatzmeisterin Baumeister. Die schrieb von der Spende allerdings nichts in den Rechenschaftsbericht.

Frau Baumeister erinnerte sich anders: Sie habe im Oktober in Kaufering von Schreiber Geld in einem Umschlag erhalten, es auftragsgemäß an Schäuble weitergeleitet und dann von ihm das Geld wieder erhalten.

Das klingt eigentlich eher wie eine Posse. Niemand außer Schreiber hat (neben allerlei sonstigen Unverschämtheiten gegen Schäuble) behauptet, Schäuble habe das Geld veruntreut. Es ging immer nur um die Details der Übergabe. Und diese Details spielten eine gewisse Rolle im Untersuchungsausschuss des Bundestags, in dessen Zentrum eigentlich die schwarzen Kassen des Helmut Kohl standen.

Der Widersprüche in den Aussagen wegen gab es ein Verfahren der Staatsanwaltschaft Berlin wegen uneidlicher Falschaussage gegen Baumeister und Schäuble, das schließlich mit der Einstellung des Verfahrens endete.

Der größte Fehler

Zum großen Politikum wurde die Geschichte wohl nicht dieses Verfahrens wegen, sondern wegen eines gewaltigen Fehlers von Schäuble: Diesen beging er in seiner Rede vom 2. Dezember 1999 im Bundestag, in der er als Fraktionschef versuchte, Kohl zwar nicht herauszupauken, aber vor "Vorverurteilung" zu bewahren.

Er berichtete in dieser Rede zwar davon, dass er Schreiber einmal kurz im Herbst 1994 bei einer CDU-Veranstaltung in Bonn begegnet sei. Er berichtete jedoch nicht von der Spende zu seinen Händen - stimmte aber mit der Fraktion der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses "Parteispenden und Waffenhandel" zu.

Warum er in der Rede von der 100.000 Mark-Spende nicht berichtete, ist ein Rätsel. Es war der größte persönliche Fehler in der Laufbahn Schäubles. Erst etliche Wochen später teilte er im Fernsehen mit, er habe vom Schreiber am 22.September 1994 die Spende erhalten.

Gehässige Vorwürfe

Dieses verspätete Eingeständnis eines ansonsten den Usancen entsprechenden Vorgangs hat die Skepsis gegen Schäuble und vielerlei Verdächtigungen gegen ihn geschürt - obschon die Ex-Schatzmeisterin Baumeister die Verantwortung dafür übernahm, dass Schreibers Spende nicht ordentlich verbucht wurde. Schreiber habe das nicht gewollt.

Von da an aber galt Schäuble im CDU-Spendenskandal als involviert, obwohl er am Schwarze-Kassen-System Kohls nicht beteiligt war. Kohl hatte ihn in dieses System nie eingeweiht, verstand es aber in der Folge, dass seine schwarze Kasse so zuschnappte, dass sie auch seinen Nachfolger erwischte.

Er instrumentalisierte die widersprüchlichen und gehässigen Vorwürfe, die Schreiber gegen Schäuble in Kanada machte, um ihm innerparteilich massiv zu schaden, noch lange über den Rücktritt Schäubles hinaus. Kohl hielt seinen früheren Kronprinzen fälschlicherweise für einen Kohl-Meuchler. In Wahrheit war das Angela Merkel; Schäuble war eher zaudernd.

Am 16. Februar 2000 gab Schäuble bekannt, sich nicht mehr um den Fraktions- und Parteivorsitz zu bewerben. Er war und blieb das politische Hauptopfer des CDU-Spendenskandals.

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