Schäfer-Gümbels Videodialog:Thorstens statisches Politik-Potpourri

Thorsten Schäfer-Gümbel ist von der Resonanz, die sein Videodialog hervorgerufen hat, positiv überrascht. Seine Antwort zeigt: Das Internet hat er noch nicht begriffen.

B. Oswald

Der Kandidat ist ganz baff: Mehr als 50.000 Zugriffe hatte Thorsten Schäfer-Gümbels einminütiger Video-Aufruf, ihm Fragen zum Wahlprogramm der Hessen-SPD zu stellen. Innerhalb einer Woche sind über YouTube, Facebook, wer kennt wen und StudiVZ mehr als 400 Anfragen eingelaufen, so dass sich der 39-jährige Spitzenkandidat "überrannt" fühlte.

Daraus hat Schäfer-Gümbel ein 12:44-Minuten währendes Politik-Potpourri gemacht. Zu einem Thema nach dem anderen nimmt er kurz Stellung. Das geht so: "Robert aus Darmstadt fragt uns, ob Studiengebühren wieder eingeführt werden in Hessen", liest der Spitzenkandidat vom Blatt und erklärt, dass die Studiengebühren in Hessen abgeschafft sind - ohne zu erwähnen, dass dazu die Stimmen von Grünen und Linken notwendig waren. Eine weitere Minute verwendet er auf die Volte, dass die CDU die Studiengebühren zwar offiziell nicht wieder einführen will, er, Schäfer-Gümbel, das aber nicht glaubt, weswegen man SPD wählen müsse.

So geht das noch mit einer Handvoll weiterer Themen, wirklich Neues erfährt man nicht, zwei Mal verweist TSG - wie er sich auf seiner Unterstützerseite nennt - man möge doch bitte einen Blick auf seine Homepage werfen. Dort ist Programmatisches aber (noch) Fehlanzeige.

Die Aneinanderreihung der Themen und die immergleiche Frontal-Perspektive der Kamera machen das Zuschauen schnell ermüdend und ja, langweilig. Es gibt nur einen kleinen Hoffnungsschimmer: Die nächsten Videos sollen monothematisch sein.

Aktualität ist auch nicht die Stärke der Seite: Seit Mittwoch ist dort zu lesen "Seit heute hat die SPD Hessen einen eigenen Youtube-Kanal."

Am schwersten wiegt aber, dass der User nichts steuern kann: Das Video ist nicht unterteilt, weswegen man nicht zum nächsten Punkt springen kann, es gibt keine Kommentar-Funktion und die Fragen und Reaktionen, zu denen Schäfer-Gümbel nach wie vor aufruft, verschwinden in seinem E-Mail-Postfach. Interaktivität, die große Stärke des Internets, wird so zur Einbahnstraße, so, wie der Videodialog jetzt daherkommt, ist er eher "interpassiv". Es reicht einfach nicht, sich auf den beliebtesten Internet-Communties eine Profilseite einzurichten, um sich das Prädikat "online-affiner Politiker" zu verdienen.

Umso verfehlter wirkt da die Anbiederung an Barack Obama, den Meister der Wählermobilisierung per Internet: die SPD Marburg hatte kürzlich ein Konterfei Schäfer-Gümbels auf ihrer Homepage, garniert mit dem Slogan "Yo, isch kann!" (ganz zu schweigen davon, dass TSG aus dem Allgäu stammt und gar nicht richtig hessisch kann).

Abschauen könnte sich Schäfer-Gümbel etwas vom Portal kandidatenwatch.de. Dort können Interessierte Fragen an alle Landtagskandidaten stellen, Politiker antworten, je nachdem, wie viel Zeit und Lust sie dazu haben. Es stehen aber immer alle (von Moderatoren geprüften) Fragen online, auch wenn der Politiker noch nicht geantwortet hat. So entsteht Transparenz und auch ein gewisser öffentlicher Druck. Am Freitagabend waren bei Schäfer-Gümbel 15 Fragen eingelaufen, von denen er neun beantwortet hatte. Nicht die allerbeste Quote, aber abgerechnet wird am Schluss.

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