Sauerland-Gruppe:Videos aus dem Kellerloch

Fahnder nehmen im Saarland einen jungen Islamisten fest, der mit Anschlägen drohte. So sollte ein Islamist der Sauerland-Gruppe freigepresst werden.

Marc Widmann

Das Video ist dilettantisch gemacht: In einem Kellerloch bei schlechter Beleuchtung hockt ein Vermummter, er ist kaum zu verstehen, stockend, in schleppendem Deutsch liest er einen Text ab und droht dem "deutschen Volk" einen "Bombenangriff" an. Am Freitagmorgen nahm die Polizei diesen Mann im saarländischen Neunkirchen fest. Kevin S. ist 18 Jahre alt, er stammt aus Kamerun - und war wohl ein ziemlicher Aufschneider.

Terrorverdaechtiger im Saarland festgenommen

Mit der Festnahme eines Terrorverdächtigen im Saarland haben die Sicherheitsbehörden offenbar einen möglichen Bombenanschlag vereitelt.

(Foto: dapd)

Er spreche für eine Gruppe von zehn zu allem entschlossenen deutschen Mudschaheddin, behauptete Kevin S. - doch nach Erkenntnissen der Ermittler gibt es diese Gruppe nicht. Seit April wird der Islamist schon von saarländischen Fahndern beobachtet, zuletzt wurde er rund um die Uhr observiert. Als er sich kürzlich Anleitungen zum Bombenbau aus dem Internet herunterlud, beschlossen die Sicherheitskräfte, einzugreifen. Sprengstoff oder Waffen fanden sie bei dem 18-Jährigen nicht.

In seinen Videobotschaften forderte Kevin S. die Freilassung eines Mannes, der ebenfalls im saarländischen Neunkirchen gelebt hat: Daniel Schneider, Mitglied der Sauerland-Gruppe, die Anschläge in Deutschland geplant und dazu schon kanisterweise Wasserstoffperoxid gekauft hatte. Schneider wurde im März zu zwölf Jahren Haft verurteilt und sitzt in Saarbrücken ein. Für Kevin S. war er wohl eine Art "Idol", sagt ein Ermittler. Begegnet sind sich die beiden jedoch nie. Als Kevin S. zum Jahreswechsel aus Nordrhein-Westfalen ins Saarland zog, saß sein Vorbild bereits hinter Gittern. Auch die "Neunkircher Gruppe", eine Ansammlung von Islamisten in der kleinen saarländischen Stadt, hatte sich weitgehend aufgelöst.

So radikalisierte sich Kevin S. wohl hauptsächlich über das Internet. Der Konvertit rief - unter den Augen der Fahnder - zum heiligen Krieg auf und wollte auch selbst in den Dschihad ziehen. Es fehlte dem Mann, der keine reguläre Arbeit hat, aber an Geld und Kontakten. In der Folge hat er sich offenbar entschlossen, den heiligen Krieg in Deutschland zu führen - allein.

Mitte Oktober kündigte er in drei Videos "mehrere Bombenanschläge" an, sollte die Bundesregierung sein Vorbild Schneider, den er "Bruder Abdullah" nannte, nicht freilassen und nach Afghanistan ausfliegen. Schneider ließ jedoch über seinen Anwalt erklären, dass er sich von den Drohungen distanziere. Er will im Gefängnis lieber das Abitur machen. Auch sonst waren die Drohvideos auf Youtube kein durchschlagender Erfolg. Sie wurden selten angeklickt. Ein Nutzer schrieb nur darunter: "Lachhaft."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: