Saudi-Arabien:Vorwürfe gegen das Königreich

Samar Badawi

Samar Badawi ist die Schwester des bekannten saudischen Bloggers Raif Badawi und die Frau eines Menschenrechtlers.

(Foto: Anders Wiklund/dpa)

Menschenrechtler kritisieren, dass die Schwester des Bloggers Raif Badawi von den Behörden vernommen wurde.

Von Tomas Avenarius

Die saudischen Behörden erhöhen angeblich den Druck auf die Familie des inhaftierten Bloggers Raif Badawi. Samar Badawi, Schwester des wegen angeblicher Gotteslästerung zu zehn Jahren Haft und 1000 Rutenschlägen verurteilten Internet-Publizisten Raif Badawi, sei in Dschidda festgenommen, verhört und für einen Tag in einem Gefängnis festgehalten worden, berichteten Amnesty International und Menschenrechtsaktivisten aus dem Königreich. Vorgeworfen habe man ihr, sich auf Twitter für die Freilassung ihres Ehemannes stark gemacht zu haben: Dieser ist der ebenfalls zu langer Haft verurteilte Rechtsanwalt und bekannte Menschenrechtler Walid Abu al-Chair.

Die saudische Botschaft in Berlin bestritt allerdings ausdrücklich, dass Samar Badawi festgenommen worden sei. Sie habe lediglich "einen Termin bei der Staatsanwaltschaft zu einem Informationsgespräch wahrgenommen" und habe die Behörde "unmittelbar nach dem Gespräch wieder verlassen", hieß es in einer Erklärung der diplomatischen Vertretung. Amnesty International hingegen hatte erklärt, die Aktivistin sei mit ihrer zweijährigen Tochter zu Hause abgeholt und vier Stunden lang vernommen worden. Anschließend sei sie ins Gefängnis gebracht worden. Amnesty sprach in einer Presseerklärung von einer "ruchlosen Kampagne zur Schikanierung und Einschüchterung von Menschenrechtsaktivisten" und einem "Rückschlag" für die saudische Menschenrechtsbewegung.

Samar Badawi setzt sich seit 2014 für die Freilassung sowohl ihres Bruders als auch ihres Ehemannes ein. Sie hält Kontakt zu internationalen Menschenrechtsorganisationen und Medien; damit verleiht sie ihrem Bruder und ihrem Mann eine Stimme aus der Haft heraus. Das Urteil gegen Raif Badawi, der im Internet kritische, freigeistige Texte veröffentlicht hatte, löst vor allem wegen der Strafe der 1000 Rutenschläge bis heute immer wieder weltweit Empörung von Menschenrechtlern und Proteste zahlreicher nicht-arabischer Regierungen aus. 50 der Rutenhiebe wurden öffentlich vollzogen, die weiteren Schläge bisher aber immer wieder ausgesetzt, angeblich aus medizinischen Gründen.

Das extrem konservative, streng islamisch orientierte saudische Königshaus widersetzt sich bisher allem öffentlichen Druck und lehnt eine Amnestie für Raif Badawi ab. Seine Ehefrau kämpft seit dem Urteil für seine Freilassung; ebenso setzt sich Badawis nach Kanada ausgereiste Frau Ensaf Heidar international für ihn ein. Im Dezember 2015 wurde Badawi mit dem Sacharow-Menschenrechtspreis des Europaparlaments ausgezeichnet.

Auch Walid Abu al-Chair, einer der bekanntesten Menschenrechtsaktivisten des Königreichs, hatte sich für den Blogger stark gemacht und ihn zeitweilig vor Gericht verteidigt. Walid Abu al-Chair wurde dann aber selber zu 15 Jahren Haft verurteilt; er war vor seiner Verurteilung durch ein Anti-Terror-Gericht eine der lautesten Stimmen der saudischen Menschenrechtsbewegung. Das US-Magazin Forbes hatte ihn zu einem der 100 einflussreichsten Araber auf dem Internetdienst Twitter ernannt.

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