Satire-Streit:"Absolut unhaltbar"

EU-Parlamentspräsident Schulz attackiert Präsident Erdoğan: Dessen Vorgehen gegen eine NDR-Satire sei "ein starkes Stück".

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz hat den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan scharf angegriffen. In der Bild am Sonntag verurteilte der SPD-Politiker das Vorgehen Erdoğans im Streit um die NDR-Satire-Sendung Extra 3 als "absolut unhaltbar" und verlangte ein klares Signal der Bundesregierung: "Wir müssen Erdoğan klarmachen: In unserem Land gibt es Demokratie. Ende."

Schulz nannte es nicht hinnehmbar, dass der Präsident eines anderen Landes die Einschränkung demokratischer Rechte in Deutschland verlange, weil er sich karikiert fühle. "Wo kommen wir denn da hin? Das ist absolut unhaltbar, ein starkes Stück!" Er verteidigte gleichwohl den Flüchtlingspakt der EU mit der Türkei. "In der Flüchtlingspolitik kooperieren wir mit etlichen Ländern, die nicht das Eldorado der Demokratie sind."

Hintergrund ist ein diplomatischer Eklat, der von einem satirischen Lied des Norddeutschen Rundfunks über Erdoğan ausgelöst wurde. Das Außenministerium in Ankara bestellte den deutschen Botschafter Martin Erdmann ein, um gegen den Clip zu protestieren. Eine weitere Einbestellung betraf die Teilnahme Erdmanns an dem umstrittenen Prozess gegen Journalisten der regierungskritischen Zeitung Cumhuriyet. Wie der Spiegel am Samstag berichtete, war Erdmann im Februar ein weiteres Mal ins türkische Außenministerium zitiert worden. Grund war eine Handreichung für den Unterricht in Sachsen-Anhalt, in der vom "Völkermord" an den Armeniern während des Ersten Weltkriegs die Rede sei. Darin sei auch eine Karikatur abgedruckt, die Erdoğan auf Totenköpfen gehend zeige.

Er sei beunruhigt über einige Entwicklungen in der Türkei, sagte US-Präsident Obama

Besorgt über den Umgang des türkischen Staatschefs mit der Pressefreiheit hat sich auch US-Präsident Barack Obama gezeigt. Er habe dies Erdoğan im Weißen Haus gesagt, sagte Obama am Freitag. Auf die Frage, ob Erdoğan ein autoritärer Präsident sei, sagte Obama: "Es ist kein Geheimnis, dass es ein paar Entwicklungen in der Türkei gibt, über die ich beunruhigt bin." Der US-Präsident hatte Erdoğan am Rande des Washingtoner Atomgipfels am Donnerstag empfangen. Erdoğan reagierte irritiert auf die Kritik. "Ich bin traurig, dass solche Äußerungen in meiner Abwesenheit gefallen sind", sagte er am Sonntag zum Abschluss seines US-Besuchs der Zeitung Hürriyet. Bei dem Treffen mit Obama sei die Pressefreiheit kein Thema gewesen. Auch in vorherigen Telefonaten hätten beide "über nützlichere Dinge als die Pressefreiheit" gesprochen.

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