Sarkozys Sohn:"Prinz Jean" will doch kein Chef werden

In den Abendnachrichten verkündet Sarkozys Sohn, nun doch auf den angestrebten Managerposten zu verzichten. Angeblich traf er die Entscheidung ganz alleine.

Dunkler Anzug, randlose Brille, der junge Jean Sarkozy trat so seriös wie möglich auf, als er am Donnerstag in den Abendnachrichten seinen Verzicht erklärte - seinen Verzicht auf die Kandidatur für den Spitzenposten bei einer einflussreichen Behörde, den ihm nach Ansicht seiner Kritiker sein Vater Nicolas Sarkozy zuschanzen wollte.

Aber diese Kandidatur hätte angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Verwaltungsrat der EPAD-Behörde größte Aussicht auf Erfolg gehabt. Es ist eine dramatische Wende in einer politischen Seifenoper, die viele Franzosen in den vergangenen Wochen teils belustigte, teils beschämte.

Am Nachmittag hatten Demonstranten im Pariser Geschäftsviertel La Défense, um dessen Ausbau die EPAD-Behörde sich kümmert, noch Bananen geschwenkt, um gegen die Blitzkarriere des Präsidentensohnes zu protestieren.

Und für diesen Freitag, den Tag, an dem Jean Sarkozy in den Verwaltungsrat gewählt werden soll, standen schon die Absperrgitter bereit, um die Schaulustigen in Schach zu halten. Mehr als 200 Journalisten hatten sich akkreditiert. Eine Lobbygruppe hatte dazu aufgerufen, in historischen Kostümen zu erscheinen, um die "Wiederkehr des Ancien Régime" zu feiern.

Tagelang hatte der Präsident alle Vorwürfe der Vetternwirtschaft an sich abprallen lassen und seinerseits den Medien Hetzkampagnen vorgeworfen. Seine Kommunikationsabteilung verteilte "Redebausteine", mit denen seine Unterstützer die höchst wahrscheinliche Wahl von Jean zum Verwaltungsratschef zu verteidigen hatten: Es sei keine Ernennung, sondern eine Wahl. Der Job sei nicht bezahlt. Vater Sarkozy habe seine Finger nicht im Spiel gehabt. Man müsse jungen Leuten eine Chance geben und dürfe niemanden wegen seiner Herkunft benachteiligen.

Genutzt hat dies wenig. Die Affäre um "Prinz Jean" zog ihre Kreise, schaffte es bis ins chinesische Fernsehen und spornte Humoristen zu immer neuen Pointen an. Im Internet wimmelte es von Persiflagen, Adoptionsanträgen für die Familie Sarkozy, Twitter- Listen mit absurden Nachrichten ("Carla verlässt Nicolas für Jean"), selbst eine iPhone-Anwendung erfand jemand.

Hobby-Psychologen attestierten dem Präsidenten den Komplex eines geschiedenen Vaters, der seinem Sohn nichts abschlagen könne. Was für Nicolas Sarkozy schlimmer war: Auch in den eigenen Reihen mehrten sich Klagen, dass die Geschichte einen erheblichen Imageschaden bedeute.

Jean Sarkozy behauptet in dem achtminütigen Interview, er habe die Entscheidung ganz allein getroffen und "den Vater", nicht "den Präsidenten" anschließend darüber informiert. Wie sein Vater gab er sich ausgesprochen selbstbewusst, reckte häufig das Kinn nach vorn und sprach den Moderator mehrfach mit seinem vollen Namen an.

Ob der Präsident seine Hand im Spiel hatte oder nicht - seine Gegner werden diese Wende als eine politische Niederlage deuten. Das dürfte Sarkozy voraussichtlich ebenso ärgern wie die Tatsache, dass er den wirtschaftlich bedeutsamen Ausbau von La Défense jetzt voraussichtlich nicht ganz so sehr unter Kontrolle hat, als wenn sein eigener Sohn dort einen Spitzenposten hätte.

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