Sanktionen:Iranisches Lebenselexir

Wie Teheran trotz der amerikanischen Strafmaßnahmen weiterhin im Öl-Geschäft kräftig mitmischen will.

Von Paul-Anton Krüger

Ein Blumengesteck in den Nationalfarben Grün, Weiß und Rot, ein schwerer Holztisch mit goldenen Ornamenten. Das war der äußere Rahmen einer Vertragsunterzeichnung in Teheran, die unter normalen Umständen kaum Aufmerksamkeit gefunden hätte. Doch weil US-Präsident Donald Trump angeordnet hat, die Sanktionen gegen Iran wieder in Kraft zu setzen, wurde der Vertragsabschluss wie ein Akt des Widerstands zelebriert. Das in Großbritannien ansässige internationale Konsortium Pergas vereinbart darin mit einer staatlichen iranischen Ölfirma ein Förderprojekt in der Provinz Khuzestan im Umfang von 850 Millionen Dollar. Finanziert werde alles ohne jede Beteiligung von Firmen, die auch in den USA tätig seien, kündigte Pergas-Chef Clint Elgar an.

Irans Ölminister Bijan Zangeneh wird das gerne gehört haben, ebenso die Worte des britischen Botschafters, der das Bekenntnis Londons zum Atomabkommen bekräftigte. Kurz zuvor hatte nämlich der französische Total-Konzern angekündigt, er werde einen Milliarden-Deal zum Ausbau eines Gasfelds aufgeben müssen, wenn er von den USA keine Befreiung von den angekündigten Sanktionen bekomme. Washington hat angekündigt, dass es Ausnahmen nicht geben werde. Iran will das Projekt im Golf in dem Fall mit dem ebenfalls beteiligten chinesischen Konzern Petrochina alleine weiterführen.

Wenn jetzt der Ölpreis steigt, kommt das Teheran sehr entgegen

Für Iran liegt der Wert des Atomabkommens vor allem in der umfangreichen Lockerung von Sanktionen - der drittgrößte Produzent unter den Opec-Staaten kann wieder Öl exportieren. Zuletzt waren es etwa 2,6 Millionen Barrel pro Tag. Auf das Jahr gerechnet entspräche das bei einem Ölpreis von 75 Dollar pro Barrel Einnahmen von mehr als 70 Milliarden Dollar. Ein einträgliches Geschäft, auch wenn noch die Produktions- und Transportkosten abgehen. Am Donnerstag stieg der Ölpreis erstmals seit fast vier Jahren wieder über 80 Dollar, das kommt Iran sehr entgegen. Denn das Budget für das laufende Haushaltsjahr sieht Staatsausgaben von umgerechnet etwa 110 Milliarden Dollar vor. Allerdings hat der iranische Rial seit der Wiederwahl von Präsident Hassan Rohani im Mai 2017 ein Drittel des Wertes gegenüber dem Dollar eingebüßt, die Wirtschaft wächst nur um 3,5 Prozent. Die Arbeitslosigkeit ist hoch, die Inflation steigt.

Rohani wollte mit einer wirtschaftlichen Öffnung und ausländischen Investitionen die Gas- und Ölförderung ausbauen und modernisieren, ebenso die Infrastruktur und die Industrie. Statt der von Rohani bevorzugten europäischen Unternehmen könnten jetzt Russland und China zum Zuge kommen. Schon im März unterzeichnete der russische Staatskonzern Sarubeschneft einen Auftrag über 750 Millionen Euro zum Ausbau zweier iranischer Ölfelder. Moskau erwägt Investitionen von bis zu 50 Milliarden Dollar.

Unklar ist aber, ob es Iran gelingen kann, seine Exporte aufrecht zu erhalten - daran hängt letztlich alles andere. Öl-Analysten rechnen damit, dass die amerikanischen Sanktionen Teheran zwischen 300 000 und einer Million Barrel pro Tag kosten könnten. Der Deal mit Pergas würde als Ausgleich nur 60 000 Barrel pro Tag zusätzlich bringen. Aber vorerst ist auch der nur eine Absichtserklärung - und nicht bindend.

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