Sanktionen gegen Moskau: Putin warnt USA vor "Bumerang-Effekt"

Vladimir Putin

Der russische Präsident Wladimir Putin warnt die USA vor dem "Bumerang-Effekt" ihrer Strafmaßnahmen.

(Foto: AP)

Die EU erhöht den Druck auf Russland, nachdem schon die US-Regierung ihre Strafen gegen die russische Wirtschaft verschärft hat. Putin warnt Washington vor einer Sackgasse in den Beziehungen beider Länder, dementiert jedoch einen Bericht über eine Abhöranlage auf Kuba.

  • Die EU hat erstmals Sanktionen gegen russische Unternehmen und nicht nur gegen Personen beschlossen.
  • Der russische Präsident Putin warnt die USA, dass die neuen Sanktionen gegen Moskau die Beziehungen beider Länder "in eine Sackgasse" führen würden.
  • Einen Bericht, dass Russland eine Abhöranlage gegen die USA in Kuba wieder in Betrieb nehmen wolle, dementiert Putin.
  • Die USA haben weitreichende Strafmaßnahmen gegen Russland verhängt, unter anderem gegen Firmen aus der Energie- und der Rüstungsbranche.

EU beschließt erstmals Sanktionen gegen Firmen

Die europäischen Staats- und Regierungschefs haben in Brüssel neue Sanktionen gegen Moskau beschlossen - erstmals nicht nur gegen Personen, sondern auch gegen russische Unternehmen, denen die Destabilisierung der Ukraine vorgeworfen wird.

SZ-Korrespondent Daniel Brössler berichtet: "Eine "klare Botschaft" sollte ausgehen vom Gipfel - zumindest in Sachen Ukraine-Konflikt. Dem Anspruch, den der britische Premierminister David Cameron formuliert hatte, sind die Staats- und Regierungschefs nach eigener Einschätzung gerecht geworden. Tatsächlich sind sie in den Sanktionen gegenüber Russland weiter gegangen denn je. Bisher hatte die EU immer vor Sanktionen der "Stufe drei", Wirtschaftssanktionen also, zurückgeschreckt. Mit den neuen Beschlüssen befinde man sich nun am "Ende der Stufe zwei oder am Anfang der Stufe drei", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel nach den Beratungen.

Soll heißen: Es geht nicht länger nur um Einreiseverbote und Kontensperrungen. Die Beschlüsse sehen vor, künftig auch Behörden oder Unternehmen mit Strafen belegen zu können, sofern sie daran beteiligt sind, "die ukrainische Souveränität, territoriale Integrität und Unabhängigkeit zu untergraben". Das könnte zum Beispiel russische Firmen betreffen, die den Separatisten im Osten der Ukraine Waffen beschaffen. Bis Ende Juli soll eine Liste mit betroffenen Unternehmen vorgelegt werden.

Merkel: "Wir sind enttäuscht"

Außerdem soll die Europäische Investitionsbank keine neuen Projekte in Russland finanzieren, ähnliches erwartet die EU von der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD). "Wir sind enttäuscht und bedauern, dass wir solche substanziellen Maßnahmen verhängen müssen", sagte Merkel, aber es sei von Russland praktisch keine Forderung der EU zur Befriedung der Lage in der Ukraine erfüllt worden. Dabei habe es an Gesprächsbereitschaft ihrerseits nicht gefehlt. Selbst am Rande der Fußball-WM in Brasilien habe sie sich mit Kremlchef Wladimir Putin getroffen."

Putin warnt die USA

Auf die verschärften Sanktionen der USA hat der russische Präsident Wladimir Putin verärgert reagiert. Er warnte die USA davor, dass die wegen der Ukraine-Krise verschärften Sanktionen gegen russische Firmen auch negative Folgen für amerikanische Unternehmen haben werden: "Sanktionen haben einen Bumerang-Effekt, sie werden zweifelsohne die Beziehungen zwischen den USA und Russland in eine Sackgasse führen und sehr schwere Schäden anrichten", sagte der russische Präsident Wladimir Putin.

Er müsse sich die neuen Strafmaßnahmen zwar noch im Detail ansehen. Er sei sich aber schon jetzt sicher, dass die Sanktionen langfristig den nationalen Interessen der USA zuwiderliefen. "US-Unternehmen, die in Russland Geschäfte machen wollen, werden ihre Wettbewerbsfähigkeit verlieren im Vergleich zu anderen globalen Energiekonzernen", warnte Putin. Als Beispiel nannte er den US-Konzern Exxon Mobil, der sich in Russland engagieren wolle. "Sie fügen ihren eigenen großen Energiekonzernen Schaden zu", sagte Putin über die Entscheidungsträger in der US-Regierung.

Strafmaßnahmen gegen den Waffenproduzenten Kalaschnikow

Die US-Regierung hatte zuvor weitreichende Sanktionen gegen Russland verhängt. Das amerikanische Finanzministerium gibt auf seiner Webseite bekannt,

  • dass kein Geld mehr von Personen in den USA zu den beiden großen russischen Kreditinstituten Gazprombank und der Bank für Außenwirtschaft (Vnesheconombank) fließen darf.
  • dass acht russische Waffenfirmen, die unter anderem Granaten und Panzer herstellen, auf der Sanktionsliste stehen. Darunter auch der Waffenproduzent Kalaschnikow.
  • ebenso wie vier russische Regierungsvertreter, darunter der Vize-Chef des Geheimdienstes FSB.
  • zudem die von den Aufständischen ausgerufene Volksrepubliken Lugansk und die Volksrepublik Donezk sowie der selbsternannte Regierungschef von Donezk, Alexander Borodaj.
  • betroffen sind von den Sanktionen weiterhin Firmen aus der Energie-Branche, wie der Energiekonzern Rosneft.

Der Chef von Rosneft, Igor Setschin, bezeichnete die US-Sanktionen als unrechtmäßig und unlogisch. Schließlich habe sein Unternehmen in der Ukraine-Krise keine Rolle gespielt. Mit den Strafmaßnahmen handle die US-Regierung gegen die Interessen amerikanischer Unternehmen, die mit Rosneft Geschäfte machen wollten. Rosneft befindet sich im Besitz des russischen Staates.

Putin dementiert Lauschangriff auf USA von Kuba aus

Die Spannungen zwischen Russland und den USA waren auch durch einen Bericht der Moskauer Zeitung Kommersant angeheizt worden: Putin habe bei seinem Besuch in Kuba vergangenen Freitag angekündigt, dort würde eine ehemals sowjetische Abhöranlage reaktiviert. Russlands Präsident hat dies jetzt dementiert. Er erklärte, Russland könne "seine Verteidigungsbedürfnisse ohne diese Anlage befriedigen."

Der betroffene Horchposten "Lourdes" diente im Kalten Krieg dazu, Telefongespräche und den Funkverkehr in den USA abzuhören.

US-Präsident Obama bezeichnet Maßnahmen als "schlagkräftig"

Russland habe die geforderten Schritte zur Entschärfung der Krise nicht getan, darunter die Verhinderung von Waffenlieferungen in die Ukraine, begründete US-Präsident Barack Obama die Entscheidung. Er erklärte, die neuen Sanktionen gegen russische Unternehmen seien wichtig und schlagkräftig. Die Strafmaßnahmen seien so gewählt worden, dass sie vor allem die russische Wirtschaft träfen und dabei möglichst geringe Auswirkungen auf amerikanische und europäische Unternehmen hätten.

Vormals Einreiseverbote und Kontensperrungen

Bisher hatten die EU und die USA vor allem mit Einreiseverboten und Kontensperrungen gegen mehrere Dutzend Russen und prorussische Ukrainer Druck auf Moskau ausgeübt. Die neuen Sanktionen richten sich allerdings nicht gegen gesamte russische Wirtschaftszweige, wie zuvor mehrfach angedroht worden war.

Ungeachtet aller Friedensbemühungen hat sich der blutige Konflikt in der Ostukraine immer weiter verschärft. Die Ukraine und die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) gaben den prorussischen Kräften die Schuld daran, dass alle Bemühungen scheiterten. Es gebe zu wenig Willen, sich für substanzielle Gespräche für eine beiderseitige Waffenruhe einzusetzen, kritisierte die OSZE.

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