Sambia:Ein böses Gerücht

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Schwere Ausschreitungen gegen Ausländer erschüttern Sambias Hauptstadt. Auslöser sollen Gerüchte über eine mysteriöse Mordserie gewesen sein.

Von Isabel Pfaff, München

Bei ausländerfeindlichen Ausschreitungen in Sambias Hauptstadt Lusaka sind mindestens zwei Menschen getötet worden. Die beiden Opfer wurden am Montag bei lebendigem Leib verbrannt, wie die Polizei am Mittwoch bekannt gab. Es handelt sich um zwei Sambier, die im Durcheinander der Unruhen der Meute zum Opfer fielen, wie der sambische Innenminister mitteilte.

Seit Anfang der Woche erschüttert xenophobe Gewalt mehrere Armenviertel in der Hauptstadt, in denen Migranten aus Ruanda, Burundi und dem Kongo leben. Auslöser war übereinstimmenden Medienberichten zufolge das Gerücht, dass Einwanderer aus Ruanda hinter einer rätselhaften Mordserie gesteckt haben sollen: Mindestens sieben Menschen wurden in den vergangenen Wochen tot aufgefunden, ihnen fehlten mehrere Körperteile. Die Funde befeuerten die Gerüchte, dass Migranten die Gliedmaßen angeblich für Medizin oder Rituale nutzen würden.

Erst am Mittwoch gelang es der Polizei, die Ausschreitungen zu bremsen. Zuvor waren Hunderte, zumeist junge Männer durch die Viertel gezogen und hatten mehr als 60 Geschäfte verwüstet und geplündert, die mehrheitlich Ruandern gehört haben sollen. Inzwischen hat die Polizei 256 mutmaßliche Angreifer festgenommen. Ruander bilden mit mehr als 6000 Personen die größte Gruppe afrikanischer Einwanderer in Sambia. Die meisten von ihnen sind Hutu, die 1994 aus Ruanda geflohen sind, als Tutsi-Rebellen das Land einnahmen und den Genozid stoppten.

Der Verfall des Kupferpreises hat die sozialen Spannungen im Land dramatisch verschärft

Die Gewalt in Lusaka erinnert an ähnliche Unruhen in Südafrika im vergangenen Jahr. Auch dort wurden bei xenophoben Ausschreitungen Geschäfte verwüstet und sieben Menschen getötet. Die Vorfälle in Sambia machen aufs Neue deutlich, wie gewaltanfällig Staaten sind, in denen immer mehr Menschen ihre Arbeit und Perspektive verlieren. In kaum einem Land herrschen so große Einkommensunterschiede wie in Südafrika, und auch in Sambia, wo gigantische Kupfervorkommen bisher den Staat gestützt haben, nimmt die Armut zu. Der Kupferpreis ist in den vergangenen Monaten dramatisch gesunken, die Währung kollabiert, die Arbeitslosigkeit steigt.

Der Frust macht viele junge Sambier anfällig für fremdenfeindliche Vorurteile. Eine Polizeisprecherin sagte am Mittwoch, anders als in Gerüchten verbreitet seien keinerlei Körperteile bei Ausländern gefunden worden.

© SZ vom 22.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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