Salomon-Niederlage in Freiburg:Warnung für die Grünen

Oberbürgermeisterwahlkampf in Freiburg

Bild aus besseren Zeiten: Dieter Salomon spricht vor dem Freiburger Rathaus auf seiner Wahlkampfveranstaltung mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann.

(Foto: dpa)

Ausgerechnet in Freiburg, ihrem Biotop, verlieren die Grünen die Oberbürgermeisterwahl. Eine herbe Niederlage für das Modell einer ökologisch-konservativen grünen Politik.

Kommentar von Josef Kelnberger

Auch grüne Macht muss immer wieder neu begründet werden. Auch grüne Macht ist vergänglich. Auch in Baden-Württemberg, wo die Grünen fast im Rang einer Volkspartei stehen. Dieter Salomon, erster grüner Oberbürgermeister einer deutschen Großstadt, ist nach 16 Jahren aus dem Amt gewählt worden - ausgerechnet in Freiburg, weltweit bekannt als "Green City", dem grünen Biotop schlechthin.

Das Ergebnis muss noch kein Menetekel sein für Salomons Weggefährten Winfried Kretschmann, seit 2011 der erste grünen Ministerpräsidenten. Aber eine Warnung ist es auf jeden Fall.

Dieter Salomon hat sich zu sicher gefühlt. Er hat es versäumt, der Bürgerschaft zu erklären, warum sie ihn noch einmal wählen soll. 24 Jahre Salomon, allein diese Aussicht hat seinem vor Beginn des Wahlkampfs noch völlig unbekannten, jungen, parteilosen, von der SPD unterstützten Herausforderer in die Hände gespielt. Zudem leidet die Stadt unter den Folgen des eigenen Booms. Steigende Mieten, Staus, Baustellen. Ein neuer Stadtteil ist in Planung.

Salomon hat es nicht vermocht, den Menschen die damit verbundenen Ängste zu nehmen. Und er hat sich zu sehr verlassen auf die der CDU nahestehende Wählerschaft. Die grün-linke Seele hat er erst zu pflegen begonnen nach der Niederlage im ersten Wahlgang. Da war es zu spät.

Der Vorwurf, Dieter Salomon sei arrogant und machtversessen geworden im Rathaus, ist ebenso wohlfeil wie falsch. Die Stadt hat gute Jahre erlebt in seiner Amtszeit. Nun fanden die Wähler eben, 16 Jahre seien genug. Die SPD, die vor Salomon die Stadt jahrzehntelang regierte, darf das Ergebnis zumindest als Ermutigung empfinden. Aber letztlich war es wohl vor allem eine Anti-Establishment-Wahl, dagegen ist nichts einzuwenden. Demokratischer Wechsel ist ein Wert an sich.

Für das Modell einer ökologisch-konservativen grünen Politik ist die Niederlage in Freiburg ein schwerer Schlag. Die Niederlage von Dieter Salomon fällt zusammen mit einer Krise der grün-schwarzen Landesregierung. In der Partei werden die Stimmen lauter, Winfried Kretschmann solle sich wieder mehr um grüne Inhalte kümmern, nicht nur um die Stabilität seiner Koalition. Er sollte sie ernst nehmen.

Und wahrscheinlich wird das Schicksal von Dieter Salomon auch eine Rolle spielen, wenn Kretschmann über eine erneute Kandidatur bei den Landtagswahlen 2021 entscheidet.

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