Salafisten-Propaganda:Druckerei stoppt Auftrag für Gratis-Korane

Der Geschäftsführer der Ulmer Druckerei Ebner & Spiegel ist seinen Job los, weil er doch wieder Exemplare der umstrittenen Gratis-Korane für Salafisten drucken ließ. Der Initiatior der Aktion hat ebenfalls Ärger: Gegen den umstrittenen Prediger Abou Nagie ermittelt die Staatsanwaltschaft.

Der Plan von der flächendeckenden Koran-Versorgung ist geplatzt - wieder einmal. In den vergangenen Monaten hatten radikalislamische Salafisten bundesweit für Aufsehen gesorgt, als sie in Städten immer wieder Gratis-Korane an Passanten verteilten. Dahinter steckte das Missionierungsnetzwerk "Die wahre Religion". Das Ziel: 25 Millionen Bücher verschenken - eines für jeden deutschen Haushalt. Nachdem die Empörung in Deutschland immer größer wurde, stoppte die Ulmer Druckerei Ebner & Spiegel den Auftrag im April zunächst.

Organisator der Koran-Verteilungen wuenscht sich die Scharia

Der Prediger Ibrahim Abou Nagie in einem Videobeitrag im Internet. Er gilt als Initiator der Verteilaktion.

(Foto: dapd)

Nun wurde bekannt, dass seither doch wieder neue Exemplare gedruckt wurden, allerdings für einen augenscheinlich anderen Kunden. Diesmal orderte der Verein "Nur für Dich e.V." die Gratis-Korane. Der Geschäftsführer von Ebner & Spiegel nahm den Auftrag an - und verlor deshalb jetzt seinen Job, wie das Mutterunternehmen CPI am Mittwoch mitteilte.

Der Mann habe die Entscheidung alleine gefällt, ohne jemanden zu informieren. CPI habe die Fertigung und Auslieferung des aktuellen Druckauftrags gestoppt, teilte ein Sprecher von CPI mit. Damit werde die Entscheidung vom April bestätigt, "und gilt auch für die Zukunft und die generelle Zusammenarbeit mit dem Kölner Herausgeber Ibrahim Abou Nagie".

"Nichts davon wird ausgeliefert"

Dieser hatte Ende Mai weitere 50.000 Exemplare einer deutschsprachigen Koran-Ausgabe bei der Druckerei bestellt. Ingo Scholz von der CPI-Geschäftsführung bestätigte die Zahl. Es sei aber erst ein Teil des Auftrags gedruckt und noch nicht gebunden worden. "Es handelt sich um sogenannte Halbfabrikate, nichts davon wird ausgeliefert", betonte Scholz im Gespräch mit Süddeutsche.de.

Die bestellten Exemplare hätten nach Angaben der Zeitung Die Welt bereits am 19. Juni ausgeliefert werden sollen. Jetzt sollen die vorhandenen Druckbögen stattdessen eingestampft werden, sagte Scholz. Ebner & Spiegel hatte nach früheren Angaben seit dem vergangenen Jahr mehr als 300.000 Korane über sechs Aufträge verteilt für die Organisation gedruckt. Der Druck war vom Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen als "unbedenklich" eingeordnet worden, wie das Unternehmen betonte.

Ein Sprecher des Missionsnetzwerks "Die wahre Religion" lehnte eine Stellungnahme zum Druckstopp ab. Der Verein steht nach Angaben der Zeitung Die Welt auch hinter der neu gegründeten Bewegung "Nur für Dich", die für die neuerlichen Druckaufträge verantwortlich zeichnete. Der umstrittene Salafisten-Prediger Ibrahim Abou Nagie ist als Initiator der Verteilung kostenloser Koran-Ausgaben bekannt.

Hassprediger und Sozialbetrüger?

Am Dienstag wurde zudem bekannt, dass Auftraggeber Abou Nagie künftig keine Sozialleistungen mehr bekommen soll. Nach umfassender Prüfung wurden ihm und seiner "Bedarfsgemeinschaft" - bestehend aus Frau und drei Kindern - zum 1. Juni das Arbeitslosengeld II komplett gestrichen, hieß es aus Kreisen der Stadt Köln. Grund für den Schritt des Jobcenters sei, dass Abou Nagie offenbar über nicht angegebene Einnahmen verfüge und daher nicht bedürftig sei. Er habe seine Finanzströme trotz Aufforderung nicht ausreichend erklärt.

Die Kölner Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den 47-Jährigen wegen Sozialbetrugs, wie ein Behördensprecher sagte. Der Ex-Geschäftsmann erhält seit mehreren Jahren Sozialleistungen. Nach früheren Angaben von Abou Nagie selbst handelt es sich um monatlich 1860 Euro.

Abou Nagie gilt bei Experten als Hassprediger und ist bereits vor Jahren ins Visier des Verfassungsschutzes geraten. Sicherheitsbehörden sehen die Verteilungsaktion als Propagandamittel, mit dem neue Anhänger für den Salafismus geworben werden sollen. Der Salafismus gilt als Sammelbecken für gewaltbereite Islamisten, seine Anhänger vertreten einen rückwärtsgewandten Islam und streben einen Gottesstaat an.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: